Der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verlangt, dass Verluste aus Vorjahren bei der Veranlagung mitberücksichtigt werden. Diese so genannte Verlustverrechnung wird jedoch nicht uneingeschränkt zugelassen.
Im Grundsatz können vom Reingewinn Verluste aus sieben der Steuerperiode vorausgegangenen Jahren abgezogen werden, soweit sie bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten.
Dominic Nazareno ist diplomierter Steuerexperte, M.A. HSG bei Primetax in Zürich und Mitglied bei GetYourLawyer. Er ist auf Steuer- und Abgaberecht, Mehrwertsteuer, Sozialversicherungsabgaben, Steuern für natürliche Personen und Unternehmenssteuerrecht spezialisiert.
Das heisst in der Steuererklärung 2020 können beispielsweise nur Verluste der Geschäftsjahre 2013 bis 2019 berücksichtigt werden, Verluste aus davorliegenden Steuerjahren sind verfallen. Um die Verluste trotz der Problematik der zeitlichen Beschränkung steuerlich zu nutzen, gibt es in der Praxis verschiedene Lösungen. Einige davon werden nachfolgend erläutert.
Verlängerung der Verlustverrechnungs-Periode
Im Sanierungsfall können unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen mit noch nicht verrechneten Vorjahresverlusten ohne zeitliche Beschränkung verrechnet werden. Hierfür muss bei der Gesellschaft eine Sanierung im steuerrechtlichen Sinne stattfinden, d.h. es müssen Zuflüsse zur Beseitigung oder Reduktion einer echten Unterbilanz (=Verlustvortrag nicht mehr durch offene oder stille Reserven gedeckt) erfolgen.
Nur solche echten Sanierungserträge sind steuerlich erfolgswirksam und zeitlich unbeschränkt mit Verlusten verrechenbar.
Die ausserordentliche Verlustverrechnung mit echten Sanierungserträgen ist vom Steuerpflichtigen in der Steuererklärung geltend zu machen. Dabei soll der Steuerbehörde eine geeignete Dokumentation vorgelegt werden, die eine Überprüfung ermöglicht.
Realisierung von stillen Reserven
Eine andere Variante Verluste zu verrechnen, besteht in der Auflösung stiller Willkürreserven. Der Aufwertung sind allerdings handelsrechtliche Grenzen gesetzt und es kommt dabei lediglich zu einer Verrechnung mit Verlusten innerhalb der ordentlichen (siebenjährigen) Verlustverrechnungsperiode. Dies deshalb, weil es sich nicht um eine steuerlich relevante Sanierung, sondern lediglich um eine bilanzielle Massnahme zur beseitigen der Verlustvorträge handelt.
Weiter besteht im Konzern die Möglichkeit, mittels Übertragung eines Aktivums von einer Gruppengesellschaft zur anderen, stille Reserven zu realisieren, welche mit vorhandenen Verlustvorträgen ver-rechnet werden können. Voraussetzung ist, dass der Verkehrswert des Aktivums grösser ist als dessen Buchwert. Bei der empfangenden Gesellschaft wird mit dem Erwerb neues Abschreibungssubstrat geschaffen, wodurch konsolidiert betrachtet gewissermassen ein Aufschub des Verlustvortrages ohne steuerliche Nachteile resultiert.
Fusion
Schliesslich kann in einem Konzern eine profitable mit einer verlustträchtigen Gesellschaft fusioniert werden. Was die Übernahme eines allfälligen Verlustvortrags bei Umstrukturierungen betrifft enthält das Steuergesetz keine ausdrücklichen Vorschriften. Gestützt auf das Fusionsgesetz, der Steuersukzession sowie der Rechtsprechung beinhaltet die Übernahme der Steuerfaktoren indessen nicht nur die Anrechnung der positiven, sondern auch der negativen Ergebnisse, wodurch die in die Verlustvortragsperiode fallenden Verluste der übertragenden Gesellschaft auch bei der übernehmenden Gesellschaft zu berücksichtigen sind (und umgekehrt).
Die Übernahme von Vorjahresverlusten im Rahmen einer Fusion bedingt eine gewisse wirtschaftliche Kontinuität, wonach sachliche beziehungsweise betriebswirtschaftliche Gründe für die Umstrukturierung vorliegen müssen. Die blosse Schaffung von Verlustverrechnungspotential reicht i.d.R. nicht.
Es ist empfohlen, die Möglichkeit der Nutzung der Verlustvorträge vor der Fusion verbindlich zu klären mittels eines steuerlichen Vorabbescheids (sog. Ruling), welcher bei der zuständigen Steuerbehörde eingereicht wird. Eine solche verbindliche Klärung der steuerlichen Beurteilung eines Sachverhalts mit der Steuerbehörde kann sich auch bei der zuvor erwähnten konzerninternen Übertragung aufdrängen.