Die Ballonkatheter entwickelte Andreas Grüntzig auf dem Küchentisch seiner Wohnung. Dann wagte er am 16.  Dezember 1977 am Universitätsspital Zürich die erste Ballondilatation (Erweiterung) eines zu 80 Prozent verengten Herzkranzgefässes. Damit ersparte er einem jungen Patienten eine Herzoperation. Herr Bachmann ist heute noch gesund und lebensfroh. Die Methode revolutionierte die Behandlung der häufigsten Herzkrankheit und wird heute weltweit pro Jahr über eine Million Mal angewendet. Zermürbt vom kleinkarierten Konkurrenzdenken des Chefs und der Kollegen am Universitätsspital sowie enttäuscht über die mangelhafte finanzielle Unterstützung seiner Forschung, emigrierte Grüntzig nach Atlanta, wo er mit offenen Armen empfangen wurde und sein eigenes Institut leiten konnte. Wäre er 1985 nicht mit seinem Flugzeug abgestürzt, hätte er inzwischen wohl den Nobelpreis erhalten.

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Grüntzigs Pioniertat wäre heute nicht mehr möglich. Staatliche Regulationen und Korsette der Ethiklobby verunmöglichen mutige experimentelle Eingriffe am Menschen. Neue Techniken werden nicht mehr in der Küche, sondern in kostenintensiven Hightech-Laboratorien entwickelt. Die Mittel dafür sind an den Universitäten zu knapp, und der Staat ist überfordert, diese allein bereitzustellen. Potenzielle junge Forscher fürchten eine nicht zuletzt finanziell unsichere Zukunft und wählen darum vielfach fantasielose vorgebahnte Karrieren in Verwaltung und Finanzindustrie. Jene Enthusiasten, die sich nicht beirren lassen, wandern in die USA ab. Dort werden Forschung und Universitäten bekanntlich von Privaten gefördert. Die Harvard University generiert so über eine Milliarde Dollar pro Jahr für die Forschung.

Ernst Fehr, Shooting Star der Ökonomie, sieht darin einen Hauptgrund für den wachsenden Vorsprung der amerikanischen Universitäten gegenüber jenen Europas und der Schweiz. Schon lange hat kein Schweizer mehr den Nobelpreis erhalten, und auch andere wichtige Preise werden an Forscher im Ausland vergeben. Die Zahl der Patente pro Kopf der Schweizer Bevölkerung sinkt, wie auch jene der wichtigen Forschungsresultate und der herausragenden Publikationen. In der Weltrangliste der zwanzig besten Universitäten in den Life Sciences und der Computer Science findet sich keine Schweizer Universität.

Der Verlust der Erstklassigkeit wird langfristig negative Folgen für unseren Wohlstand haben. Wollen wir diesen erhalten, brauchen wir wieder die dafür nötigen kreativen Exzellenzcluster, die mit der internationalen Spitze mithalten können. Diese ermöglichen durch Entwicklung und Einsatz neuer Technologien vermehrte Wertschöpfung. Die Zeit dafür ist überreif, aber das Geld fliesst spärlich. Die Mittel des Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung werden vom kurzsichtigen Parlament beschämend knapp gehalten.

Journalisten von links bis rechts priesen in ihren Nachrufen den unlängst verstorbenen Mäzen Branco Weiss als herausragenden, nachahmenswerten privaten Förderer wissenschaftlicher Forschung. Diese Philanthropie erwies sich schon zu seinen Lebzeiten als lukrativ und brachte einen ordentlichen Return on Investment.

Die meisten Reichsten hierzulande investieren aber lieber in Pferde, Fussball, Eishockey, Aktionskunst, Oldtimer oder Liegenschaften. Oder gar in die dümmste Art der Umweltverschmutzung: das immer schnellere Fahren im Kreis. Da wäre doch ein «300 Gold People Fund» für die Schweizer Universitäten nachhaltiger. Auch der Nachruf fiele besser aus.

Prof. Dr. med. Oswald Oelz war bis Ende Juli 2006 Chefarzt für Innere Medizin am Triemli-Spital Zürich. Der Bergsteiger und Buchautor liess sich mit 63 Jahren pensionieren.