Kreativ sein, innovativ sein, neue Wege gehen – das sind Forderungen, die heutzutage Daily Business sind. Die grosse Frage: Wie soll kreativ sein auf Knopfdruck gelingen? Das Buch «Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation – Das kleine Handbuch der Innovationsmethoden» setzt genau da an und bündelt Tools, Methoden und Techniken, die kreative Prozesse fördern sollen.
Autor Florian Rustler ist Innovationstrainer und Speaker und berät als Gründer und Geschäftsführer von Creaffective weltweit Unternehmen in Sachen Innovationsmanagement, Agilität und zukunftsgerichteter Unternehmensentwicklung. Nach über 30'000 verkauften Exemplaren gibt es das Buch «Denkwerkzeuge» mittlerweile auch in einer englischen und einer chinesischen Version.
Kein «Ja, aber»
Out of the Box denken und Dinge anders machen – das sagt sich so leicht. Die Wahrheit ist: Die meisten Menschen fühlen Ohnmacht beim Gedanken daran, in Konferenzen, Meetings, Kundengesprächen ständig neue kreative Einfälle liefern zu müssen. Das Buch will «praxis- und anwendungsorientierte Denk- und Handlungsunterstützung» bieten und als Nachschlagewerk dienen, das immer wieder zurate gezogen werden kann. Es bündelt Denkwerkzeuge, die kreative Prozesse begleiten, unterstützen und untermauern sollen.
Die wichtigste Erkenntnis, auf welcher der Inhalt des Buches aufbaut: «Kreativität ist nicht der plötzliche Einfall, der vom Himmel fällt. (…) Kreativität ist unter anderem ein Prozess, der bewusst und systematisch betrieben und genutzt werden kann.» Wahrscheinlich macht genau das den Verkaufserfolg des Buches aus, denn schon der Besitz vermittelt dem Leser: Es gibt Lösungen, ich bin vorbereitet!
Und auch dem in vielen Menschen ruhenden und die Kreativität blockierenden Schicksalsglaubenssatz «Ich bin halt nicht kreativ» macht der Autor mit Erkenntnissen aus der Kreativitätsforschung den Garaus: Kreativität sei eine angeborene Fähigkeit, das heisst: «Alle Menschen können kreativ sein!»
Innovation und Krativität folgen aufeinander
Der einführende Theorieblock ist kompakt gehalten und klärt zu Beginn Fehler in der Alltagssprache auf, denn Kreativität und Innovation seien keine Synonyme, sondern folgen aufeinander: «Kreativität ist die Fähigkeit, etwas Neues hervorzubringen, das Nutzen bringt. (…) Innovation ist die Einführung von etwas Neuem.» Kreative Einfälle münden durch Innovationsprozesse also in neuen Produkten, veränderten Herangehensweisen oder erweiterten Geschäftsmodellen.
Wichtige Voraussetzung für den Einsatz systematischer Denkwerkzeuge sei es, die Unterschiede zwischen divergierendem und konvergierendem Denken zu verstehen. Während wir in einem ersten Schritt im divergierenden Denken quasi unsere Gedanken auch zu Neuem und Unbekanntem schweifen lassen, um Optionen zu entwickeln und zu sammeln, fokussieren und bewerten wir im zweiten Schritt im konvergierenden Denken die gesammelten Optionen und Alternativen. Beide Denkarten zusammen genommen würden kreatives Denken ergeben.
Viel zu oft würden Menschen jedoch «bei jedem Gedanken einen konvergierenden Filter» ansetzen, der durch zu schnelle «Ja, aber»-Argumente Einfälle verwirft und freies Denken unmöglich macht. Zuerst kommt laut Rustler also immer das divergierende Denken, bei dem eine Beurteilung noch keine Rolle spielen soll.
Es geht darum, möglichst viele verrückte und ungewöhnliche Ideen zu suchen: «Diese verrückten Ideen können (…) ein Sprungbrett sein, um ausgehend von diesen Ideen weitere, vielleicht weniger wilde Ideen zu entwickeln.»
Ressourcen für Kreativität
Da auch Umfeld und Atmosphäre für kreative Prozesse stimmen müssen, geht der Autor auch darauf ein und beschreibt, wie Führungskräfte etwa durch Offenheit, Flexibilität, das Zur-Verfügung-Stellen von Ressourcen und Risikobereitschaft massgeblich den kreativen Tatendrang der Mitarbeitenden beflügeln können.
Nach einem kleinem Abriss gängiger Prozessmodelle, die allesamt von einem Ist-Zustand ausgehend Ideen entwickeln und in einer Umsetzung münden, gipfelt das Buch schliesslich auf über 200 Seiten in einer enormen Sammlung von Denkwerkzeugen, die es in der Praxis zu erproben gilt. Florian Rustler führt dabei durch mehr als sechzig Werkzeuge, unterteilt in Tools mit einem visionären, diagnostischen, strategischen, ideellen, bewertenden, kontextuellen oder taktischen Fokus, die ihm alle in seiner langjährigen Praxis als Innovationstrainer begegnet sind.
Die Masse an Möglichkeiten, die dieses Nachschlagewerk bietet, kann leicht überfordern. Wünschenswert wäre gewesen zu erfahren, ob man herausfinden kann, zu welcher Art von Tools man als Leser ganz persönlich tendiert – etwa mit einer Art von Psychotest. Alle Methoden selbst in der Praxis auszuprobieren, scheint nämlich schier unmöglich.
Wahrscheinlich gilt auch hier: «Ja, aber»-Argumente beiseiteschieben und einfach ausprobieren.