Gemäss Art. 337 OR kann ein Arbeitsverhältnis jederzeit fristlos aus wichtigen Gründen gekündigt werden. Die herrschende Lehre und auch das Bundesgericht gehen davon aus, dass die blosse Vermutung, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung oder Pflichtverletzung begangen hat, die fristlose Entlassung in der Regel nicht rechtfertigt und demnach kein wichtiger Grund gemäss Art. 337 OR gegeben ist.
Matthias Michlig ist Rechtsanwalt und Managing Partner bei der Kanzlei Michlig Schmid Partner in Zürich und Mitglied bei GetYourLawyer. Er ist vor allem im Anlegerschutz, im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Sanierungsrecht, im Arbeitsrecht, Mietrecht und insbesondere auch in Verfahren im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts tätig.
Ausnahmsweise ist eine fristlose Verdachtskündigung auch ohne späteren Nachweis des Verdachts berechtigt, wenn der Arbeitgeber den Verdacht mit allen zumutbaren Massnahmen abgeklärt hat und der Verdacht weiterhin besteht, wobei die Hürde in der Praxis sehr hoch ist.
Erweist sich bei einer fristlosen Kündigung der Verdacht der strafbaren Handlung nachträglich als unzutreffend, so ist der vertraglich vereinbarte Lohn bis zum ordentlichen Ende des Arbeitsverhältnisses sowie eine Entschädigung in Höhe von maximal sechs Monatslöhnen geschuldet (Pönale).
Die Pönale richtet sich nach dem Grad der Persönlichkeitsverletzung der entlassenen Person, wobei in der Praxis selten mehr als vier Monatslöhne zugesprochen werden. Sollte sich der Verdacht aber nachträglich als begründet herausstellen, dann ist ein wichtiger Grund gegeben und die fristlose Kündigung ist ohne weiteres rechtmässig. Die Beweislast trägt der Arbeitgeber.
Schutz des Arbeitnehmers bei der ordentlichen Verdachtskündigung
Angesichts des Grundsatzes der Kündigungsfreiheit kann jede Partei das Arbeitsverhältnis jederzeit unter Einhaltung der Kündigunsfrist kündigen. Einen Grund für die Kündigung braucht es nicht. Aber auch eine ordentliche Kündigung kann unter Umständen rechtmissbräuchlich sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer seine Fürsorgepflicht gemäss Art. 328 OR verletzt.
Besteht der Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung begangen hat, so muss der Arbeitgeber alle nötigen Aufklärungshandlungen vornehmen und den Arbeitnehmer anhören, um die Verdachtslage zu klären. Tut der Arbeitgeber dies nicht und wird der Arbeitnehmer entlassen, dann handelt dieser rechtsmissbräuchlich, wenn sich später erweist, dass der Verdacht unbegründet war.
Bei einer rechtsmissbräuchlichen Kündigung hat der Arbeitnehmer wiederum einen Schadenersatzanspruch in Höhe von maximal sechs Monatslöhnen (Pönale).
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