Die Vereinbarung von variablen Gehaltsmodellen in Arbeitsverträgen kommt in der Praxis häufig vor. Ob dabei von Bonus, Prämie, «Incentive» oder Zulage gesprochen wird, ist unerheblich. Mangels einer gesetzlichen Definition des Mitarbeiterbonus muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob es sich dabei um eine freiwillige Gratifikation, um geschuldeten Lohnbestandteil oder um eine Mischform handelt.
- Damian Müller ist Anwalt mit eigener Kanzlei in Küsnacht ZH und Mitglied bei GetYourLawyer. Er ist auf Arbeitsrecht, Immobilienrecht und Gesellschaftsrecht spezialisiert.
Die Gratifikation ist eine freiwillige Sondervergütung, welche der Arbeitgeber nebst dem Lohn bei bestimmten Anlässen ausrichten kann. Für die rechtliche Qualifikation ist dabei massgebend, ob dem Arbeitgeber bei der Ausrichtung ein Ermessensspielraum zusteht.
Ein solches Ermessen wird bejaht, wenn die Höhe des Bonus nicht nur vom Erreichen eines bestimmten Geschäftsergebnisses abhängig gemacht werden kann, sondern auch von der persönlichen Arbeitsleistung des Mitarbeiters und deren subjektiven Einschätzung durch den Arbeitgeber.
Einmal, zweimal, dreimal?
Liegt ein solcher Ermessensspielraum durch den Arbeitgeber vor, handelt es sich regelmässig nicht um vertraglich geschuldeten Lohn, sondern um eine freiwillige Vergütung.
Dennoch kann aus einer vorerst freiwilligen Vergütung ein Gratifikationsanspruch für die Zukunft entstehen, soweit die Gratifikation vorbehaltslos und dreimal hintereinander ununterbrochen an den Mitarbeiter ausgerichtet wurde.
Sichert der Bonus dem Mitarbeiter jedoch einen vertraglichen Anspruch auf einen Anteil am Umsatz, am Geschäftsergebnis oder am Gewinn eines Unternehmens, sind die Parameter rein objektiv bestimmbar – und es fehlt am Ermessen des Arbeitgebers. Damit liegt ein variabler Lohnbestandteil vor, der dem Mitarbeiter grundsätzlich zusteht.
Die Frage der Mischformen
Beim klassischen 13. Monatslohn handelt es sich damit gerade nicht um Gratifikation, auch wenn dieser umgangssprachlich oft als solche bezeichnet wird. Liegen Mischformen vor und kann zumindest ein Teil des Bonus als Lohnbestandteil qualifiziert werden, erhält der Mitarbeiter Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrages.
Die Unterscheidung wird bei gekündigten Arbeitsverhältnissen oder Fällen längerer Arbeitsunfähigkeit besonders relevant. Soweit der Bonus als Lohnbestandteil zu qualifizieren ist, erhält der gekündigte Mitarbeiter bei Austritt unter dem Jahr einen pro-rata Anspruch. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit kann derselbe Bonus zu einem höheren Jahreslohn beziehungsweise Taggeldern führen.
Liegt hingegen Gratifikation vor, so entfällt ein pro-rata Anspruch bei Kündigung und ist dies für die Berechnung des Jahreslohnes nicht relevant.
Es empfiehlt sich deshalb gerade für Arbeitgeber, die variablen Gehaltsmodelle in Arbeitsverträgen oder einem Bonusreglement klar zu definieren und im Detail zu regeln, um spätere Lohnforderungen oder Auseinandersetzungen mit Mitarbeitern zu vermeiden.
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(Dieser Artikel ist erstmals am 28.04.2020 auf der Handelszeitung erschienen)