Sicher gelingt es Ihnen, auf Zoom ein Projekt zu präsentieren und dabei Ihren Kindern bei den Matheaufgaben zu helfen. Dann sollten Sie sich der Forschung zur Verfügung stellen. Gemeinhin misslingt Multitasking. Können wir mehrere Krisen gleichzeitig bewältigen? Es scheint, als hätten wir nicht die Ressourcen dafür. Wir machen schön eins nach dem andern. Gestern das Klima, heute Corona. Danach wieder das Klima. Vielleicht.

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Umso glücklicher bin ich, dass das Thema Chancengleichheit nicht unter Krise läuft, sondern unter Dauerbrenner. Ich gebe Ihnen recht: Das Wort kann man langsam nicht mehr hören. Jetzt könnten es auch die letzten Hinterwäldler verstanden haben. Aber nein, im Gegenteil. Da sind gerade ganz viele Mütter, die ihre Arbeitszeit auf die Dauer von Zoom-Konferenzen beschränken, weil die Väter im Homeoffice weiterarbeiten wie bisher im Büro. (O-Ton Mann: «Weisst du, meine Teamkollegen sind alle Singles. Die würden es nicht verstehen, wenn ich wegen der Kinder kürzertrete.»)

Väter, die nach Feierabend ihre wohlverdiente Ruhe haben wollen, während ihre Partnerinnen erst dann Zeit zum Arbeiten haben, weil endlich die Kleinen schlafen. Männer, die sich bei der ersten Gelegenheit ins Büro vertschüssen. («Die brauchen mich dort.»)

Wann überlassen wir den Männchen die Brut?

Überraschend ist dieses Verhalten nicht. Aber die Selbstverständlichkeit, mit der es angenommen wird, ist bemerkenswert. Halten wir fest: Ein Mann unterstützt seine Frau nicht, wenn er einen Teil der Kinderbetreuung übernimmt. Vielmehr gehört es zu seinem fucking job. So frage ich mich: Wann endlich verwandeln wir uns in Seepferdchen und überlassen dem Männchen die Brut?

Das Weibchen spritzt dem Männchen ihre Eier in die Bauchtasche und nach knapp zwei Wochen wirft jenes ein paar hundert Junge aus. Okay, nicht alles, was Seepferdchen machen, ist nachahmenswert. Aber die umgekehrte Arbeitsteilung wäre einen Versuch wert, um ein paar Dinge in unseren Köpfen zurechtzurücken. Bevor Mutter mit gutem Gefühl ins mehrwöchige Schweige-Retreat verschwindet, küsst sie ihr Seepferdchen zu Hause: «Das mit den Kindern machst du mit links. Tschüss, Schatz!» Dieser Satz aus dem Mund einer Frau. Das wär was. 

Isabell Rüdt-Robert ist Mitglied im Verband Frauenunternehmen und Inhaberin von Édition Rüdt.