Wozu Schulferien? Mit dieser Frage erntete ich böse Blicke. Doch was tun wir uns als Gesellschaft mit den vielen Schulferien an? 5 Wochen Sommerferien – 7 Wochen Schule – 2 Wochen Herbstferien – 9 Wochen Schule – 2 Wochen Weihnachtsferien – 5 Wochen Schule – 2 Wochen Sportferien – 6,5 Wochen Schule – 2,5 Wochen Frühlingsferien – 11 Wochen Schule mit 5 Feiertagen?
Wir reden über Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit und geben den Erwerbstätigen gerade mal 4 Wochen gesetzlichen Urlaub. Die anderen 10 Wochen Rundumbetreuung für Ferienkinder sind Privatsache. Das ist irr, weil es unvereinbar ist. Kinder sind 25 Prozent der Wochentage pro Jahr gar nicht in der Schule. Und dann wundern wir uns, warum viele Frauen gar nicht erwerbstätig sind.
Schulferien dienten früher der Vereinbarkeit: im Frühling haben die Bauern gepflanzt und gesät, im Sommer und im Herbst geerntet und geheut – sie brauchten jede Arbeitskraft. Sie behielten die Kinder zu Hause, damit sie mitarbeiten, oft zusammen mit anderen Dorfkindern. Daher hatten die Schulen geschlossen. Als Folge der Vereinbarkeitsbedürfnisse in der Gesellschaft – weil die Kinder gar nicht kamen. Die vielen Schulferien sind inzwischen eine Altlast, Kinderarbeit ist verboten.
Ich habe einen Reformvorschlag: 2 Wochen Ferien an Weihnachten und 4 Wochen im Sommer sowie 5 Jokertage pro Jahr. Anstelle von weiteren Ferien gibt es jedes Semester 2 Projektwochen, in der Kinder schulübergreifend in neuen Zusammensetzungen ihre individuellen Interessen sowie ihre Sozialkompetenz und Kooperationsfähigkeit vertiefen können. Mit Ganztagesstrukturen, natürlich.
Die Lehrpersonen verteidigen die vielen Schulferien damit, dass sie ihre Ferienkinder zu Hause zu betreuen hätten und nebenbei den Unterricht vorbereiten würden. Zudem brauchten sie Erholung. Nun, das erste Argument löst sich von selbst, wenn die Kinder der Lehrpersonen weniger Schulferien haben. Sie erhalten mehr Zeit für Vorbereitung und Erholung während der Schulzeiten, wenn wir die Tagesstrukturen aller Kinder den Arbeitszeiten von durchschnittlichen Erwerbstätigen anpassen. Ein volles Lehrpensum umfasst so etwa zwei Drittel Unterricht und einen Drittel freie Vorbereitung plus 6 Wochen Ferien – klingt machbar. Und die erwerbstätigen Eltern wären entlastet.
Esther-Mirjam de Boer ist Mitglied beim Verband Frauenunternehmen und CEO des Managementberatungs-Unternehmens GetDiversity.
In der Kolumne «Mehrwert» schreiben erfolgreiche Geschäftsfrauen über die Arbeitswelt.