Die Griechenland-Politik der 
Europäischen Union ist «halbschwanger». Man will einerseits keine erzwungene Umschuldung und andererseits die Schulden nicht sozialisieren. Stattdessen fordert man eine freiwillige Verlängerung der Laufzeiten. Der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker hat dafür auch gleich einen neuen Namen erfunden: Reprofiling. Den Ausdruck kennt man eigentlich nur im Zusammenhang mit einer kosmetischen Nasenoperation. Und damit ist auch alles gesagt, was man darüber wissen muss.

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Die Idee ist widerwitzig und ignoriert Erfahrungen, die man mit halbschwangeren Umstrukturierungen in der Vergangenheit gemacht hat. Was passiert bei einem Reprofiling? Man tauscht neue Wertpapiere mit langen Laufzeiten gegen existierende Papiere mit kurzen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat schon gesagt, dass sie da nicht mitmachen werde. Die Ratingagenturen haben gesagt, dass man in diesem Fall Griechenland 
sofort die Ramsch-Note geben werde. Damit würden griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten bei Refinanzierungsgeschäften mit der 
EZB zugelassen. Griechische Banken wären dann sofort insolvent. Die griechische Wirtschaft würde innerhalb weniger Tage implodieren, und das Land wäre gezwungen, den Euro zu verlassen.

So beurteilt die EZB das Risiko. Ich teile diese Einschätzung. Man kann jetzt weiter spekulieren, was in den Tagen danach passieren würde. Ich würde erwarten, dass es binnen weniger Tage zu spekulativen Attacken auf Irland und Portugal käme. Vielleicht fragt man sich dann auch in diesen Ländern, ob es nicht billiger wäre, einen Euro-Austritt mit einem Total Default auf alle Auslandschulden zu verbinden. Und die Schweiz würde von einer Lawine von Kapitalströmen erdrückt.

Vielleicht kommt es nicht ganz so arg. Aber ich verstehe nicht, warum man ein derartiges Risiko eingehen will. Leider ist die Anzahl der Mittelwege in Schuldenkrisen begrenzt. Eine mögliche Strategie wären Sekundärmarktkäufe durch die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) gewesen. Dann hätte man so etwas Ähnliches wie die Brady Bonds in der lateinamerikanischen Schuldenkrise gehabt. Die EFSF hätte griechische Wertpapiere im Markt aufkaufen können, und zwar im Tausch gegen ihre eigenen AAA-bewerteten Wertpapiere, natürlich mit einem Abschlag. Das wäre eine rein freiwillige marktbasierte Transaktion gewesen, die keine Umschuldung und keinen Kaufzwang impliziert hätte. Aber das wollte man in Berlin aus ideologischen Gründen nicht.

Somit führt der Weg des europäischen Schuldenkrisenmanagements direkt an eine riskante Weggabelung. Für mich ist das Taktieren der europäischen Finanzminister unverständlich. Mit Umstrukturierungen ist es ähnlich wie mit Ab- oder Aufwertungen. Man diskutiert sie nicht. Man macht sie – und zwar richtig –, oder man macht sie nicht. Die Kakofonie in diesem Thema zeigt, dass die Politik hier lediglich kurzfristig punkten will. An einer echten Krisenlösung scheint niemand wirklich interessiert zu sein. Es wird ungemütlich.


Wolfgang Münchau betreibt in Brüssel den Internetdienst Eurointelligence.com und schreibt als Kolumnist für die «Financial Times».