Auch wenn es für ABB an der Börse richtig gut läuft, fiel der Schweizer Industriekonzern bei der Marktkapitalisierung weiter hinter seinen deutschen Rivalen Siemens zurück. Siemens ist 170 Milliarden Franken wert, ABB kommt auf knapp 100. Anfang 2024 lag der Abstand zwischen den zwei Riesen lediglich bei 50 Milliarden Franken.
Die Outperformance kommt nicht von ungefähr. Siemens hat ein neues Narrativ: Der Riese verwandelt sich vom Industrie-in einen Technologiekonzern. Nicht zufällig zeigt sich Siemens-Chef Roland Busch zunehmend mit Tech-Grössen wie Nvidia-CEO Jensen Huang. An der jüngsten Hauptversammlung stellte der Physiker das Programm «One Tech Company» vor. Zehn Milliarden Dollar liessen sich die Münchner das US-Softwarehaus Altair Engineering kosten. Die zweitgrösste Übernahme der Firmengeschichte ist ein wichtiger Baustein in der Transformation. Altair ist in der Produktentwicklung mittels KI führend. Fällt der Begriff KI, wird die Börse hellhörig: Viel höhere Bewertungen werden akzeptiert. Abseits von Altair wird die KI-Fantasie bei Siemens durch die Geschäfte im Bau von Datenzentren und die Ausrüstung von Halbleiterfabriken geweckt.
Auch sonst spürt Siemens laut dem ZKB-Experten Bernd Laux Rückenwind: «Siemens Energy hat sich stark erholt, für Digital Industries liegt das Schlimmste zurück, und die Bereiche Smart Infrastructure und Mobility entwickeln sich sehr gut.» Zudem habe der DAX-Konzern mit der Reduktion der Anteile an Healthineers begonnen, was der Finanzmarkt begrüsse.
Mit dem Siemens-Chef mitzuhalten, ist für ABB-CEO Morten Wierod keine einfache Aufgabe.
Das alles verhilft Siemens auch bei den Gewinnen zur Outperformance. «Siemens hat zuletzt etwas mehr Gewinn- und Veränderungsmomentum gezeigt als ABB», weiss Laux. Für ABB-Chef Morten Wierod wird die Aufholjagd nicht einfach. Bei ABB haben die drei Bereiche Electrification, Motion und Process Automation laut Laux mittlerweile sehr kompetitive Gewinnmargen erreicht. «Die Luft nach oben wird dünner.» Die hinterherhinkenden Berei-che Robotics & Discrete Automation und E-Mobility zeigten bisher nicht viel mehr als Anzeichen einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau, sagt Laux.