Die Abgänge waren nicht abgesprochen: Vor wenigen Wochen gaben sowohl Aldi-Suisse-Chef Timo Schuster als auch sein Chef-Pendant bei Lidl Schweiz, Georg Kröll, ihr Ausscheiden bekannt. Während Kröll aufsteigt und in der deutschen Lidl-Zentrale künftig die Aufsicht über mehrere Ländermärkte führt, steigt Schuster aus – er verlässt Aldi mit unbekanntem Ziel.
Die Nachfolger sind ernannt: Kröll wird durch Torsten Friedrich ersetzt, Schuster durch Jérôme Meyer; beide arbeiten jeweils seit mehr als einem Jahrzehnt für ihre Unternehmen.
Branchengeflüster zufolge wird auch Schuster künftig eine hohe Managementfunktion als Leiter zahlreicher Ländermärkte übernehmen, allerdings nicht in der Lebensmittel- oder Retailbranche. Auch er werde die Schweiz verlassen und bereite den Umzug seiner Familie in den Grossraum München vor.
Entgegen den Vermutungen diverser Beobachter, so ein Insider, werde Schuster nicht bei der Drogeriekette Erwin Müller anheuern, die auch in der Schweiz Filialen betreibt. Bei Müller amtet seit gut einem Jahr Günther Helm als CEO, der zuvor die österreichische Muttergesellschaft von Aldi Suisse führte.
Rekordergebnisse bei Aldi
Schuster, so heisst es, wolle mit Mitte vierzig etwas Neues machen. Und der Zeitpunkt des Abschieds scheint gut gewählt. Zwar hüten die deutschen Discounter ihre Geschäftszahlen wie das Weisse Haus seinen Atomkoffer, doch gemäss einem Insider steuert Aldi Suisse in diesem Jahr auf Rekordergebnisse zu – trotz Corona und fehlendem Onlineshop habe Aldi den Umsatz um mehr als ein Zehntel und den Gewinn noch deutlich kräftiger steigern können.
Doppelter Chefwechsel, 15 Jahre Aldi Suisse und gut 10 Jahre Lidl Schweiz – das ist auch eine gute Zeit für eine Bilanz. Stark gewachsen sind beide Discounter seit ihrem Start und nach anfänglichen Debatten in der Bevölkerung akzeptiert. Beide Schweiz-Ableger gelten in ihren Mutterhäusern längst als ideale Testmärkte für neue Angebote – was bei der anspruchsvollen Schweizer Kundschaft ankommt, funktioniert auch anderswo.
So testet Lidl Schweiz derzeit ein neues Ladenkonzept mit grösserer und attraktiverer Obst- und Gemüseabteilung, mehr Bio-Produkten, an einigen Standorten auch mit Orangen-Saftpressen und Self-Checkout-Kassen. Auch Aldi Schweiz führt derzeit ein neues Konzept ein; so gibt es Frischfleisch in Kühlregalen statt Truhen und erstmals an der Kasse eine Fläche, um in Ruhe die Einkäufe in Taschen zu verpacken.
Beide Discounter wollen ihre Filialnetze weiter ausbauen. Bisher schnappten ihnen Coop und Migros oft Standorte weg – aber gemäss einem Immobilienexperten sorgen das Sterben vieler Non-Food-Läden und der daraus folgende Leerstand inzwischen für ein ausreichendes Angebot an neuen Ladenflächen.