Kürzlich musste ich mich nach Bologna begeben. Beruflich, für ein Interview mit dem langjährigen CEO von Ducati, Claudio Domenicali – ein sehr interessanter und höchst erfolgreicher Herr. Das Gespräch finden Sie übrigens hier.
Was lag näher, als mit einem Italiener nach Italien zu fahren? Und es war nicht irgendein Gigolo, sondern ein schöner, edler Enzo mit von der harten Arbeit schwieligen Händen: die Kleeblatt-Giulia in der letzten Überarbeitungsstufe, nicht nur mit zehn weiteren Pferden unter der Haube, sondern dazu auch die Frontleuchten und, am dringendsten notwendig, das Infotainment modernisiert. Doch bei diesem Auto geht es vor allem um eine Kategorie – und keine andere: Performance. Also Leistung und Fahrspass. Und die sind beide auf dem höchsten Level angesiedelt. Der Motor hat Ferrari-Gene, die Gewichtsverteilung zwischen Front- und Hinterachse liegt bei exakt 50 zu 50. So hat der Fahrer des Stiers leichtes Spiel, das Heck kontrolliert zum Ausbrechen zu bringen; Allrad haben die Alfisti der Giulia glücklicherweise erspart. Es braucht dann nur noch eine feucht-nasse kurvige Strasse, und die Spiele mögen beginnen. Das Kleeblatt steht für den schärfsten Motor und schön alte Schule beim Fahrwerk – so viel Glück für den Fahrer hat tatsächlich vier Blätter verdient. Denn solche Autos finden sich heute praktisch nicht mehr, vor allem im Fahrmodus «Race» will der Alfa, was er am besten kann: quer fahren. Für diesen Spass lasse ich sofort jeden Film und jede Playstation liegen.
Dirk Ruschmann fährt seit 25 Jahren Auto. Er schreibt über Unternehmen, Manager, Autos und andere bewegliche Teile.
Auch auf der Autobahn liefert das Auto Unterhaltung der besonderen Art: Da dringen Geräusche aus dem Fahrwerk und dem Motorraum an die Ohren, die man von anderen Autos nicht kennt – was solls, in Italien schmecken ja auch die Ravioli anders als bei uns. Dass die Schaltwippen am Lenkstock befestigt statt mit dem Steuer verbunden sind, sich also nicht mitdrehen, ist auch so eine Eigenheit – in diesem Fall eine der eher sinnlosen Art. Immerhin sind die Paddles in der Giulia nicht so weich und fummelig eingestellt, wie man es etwa von früheren Bentleys kennt.
Das Beste an der Giulia ist aber, in meinen Augen, die wunderbar altmodische Verpackung: eine kompakte Viertürer-Limousine, unter der Haube scharfgemacht, aussen leicht aggressiv, aber vor allem elegant, deutlich mehr als jene legendären BMW M3, die das Bild eines Sportwagens einst revolutioniert hatten. Diese Geräte machen nicht nur Spass, sondern haben vier taugliche Sitze und einen Kofferraum, der die Bezeichnung verdient. Hoffen wir, dass Alfa Romeo auch unter den neuen Konzernherren namens Stellantis das italienische Schönheitsideal weiter pflegt. Alles andere wäre tödlich.
Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio
Antrieb: 2,9-Liter-V6-Biturbo-Benziner
Verbrauch: 10,6 Liter
Leistung: 520 PS (380 kW)
0–100 km/h: 3,9 s
Vmax: 308 km/h
Preis: ab 107'900 Franken