In der Start-up-Szene hatte es sich schon seit Wochen herumgesprochen, Ende Juli wurde es dann offiziell: Ava, lange Zeit eines der hoffnungsvollsten Schweizer Jungunternehmen, wird zu einem unbekannten Preis übernommen durch die amerikanische FemTec Health. Über den Verkauf eines «europäischen Vorzeigeunternehmens» jubelte die Presse, die «NZZ» räumte für ein Interview mit der Co-Gründerin und langjährigen CEO Lea von Bidder gleich eine Dreiviertelseite frei.
«Jedes Märchen hat ein Ende. Und jedes erfolgreiche Start-up hat im besten Fall einen erfolgreichen Exit», hiess es an anderer Stelle. Das freilich ist nur die halbe Wahrheit. Die andere, deutlich weniger schöne Hälfte: Ava befand sich seit Jahren in Schwierigkeiten. Denn der Hersteller von Armbändern zur Messung der Fruchtbarkeit hatte zwar in mehreren Finanzierungsrunden (zuletzt 2018) insgesamt 42,4 Millionen Franken an Venture Capital eingesammelt, konnte aber nie Gewinne einfahren. Erstmalig ins Trudeln geriet Ava zu Beginn der Corona-Krise im März 2020, als eine geplante Finanzierungsrunde platzte.
Durch die Herausgabe eines Convertible verschaffte man sich zwar etwas Luft zum Atmen, dennoch waren harte Einschnitte unvermeidlich: Ava trennte sich von insgesamt 40 der damals 100 Mitarbeiter. Trotz Sparkurs hätte das Kapital von Ava nur noch bis etwa Ende dieses Jahres ausgereicht. Die neue VR-Präsidentin Barbara Stähelin, seit Herbst im Amt, gleiste daher für diesen April eine neue Finanzierungsrunde auf. Doch diese scheiterte, als wegen Ukraine-Krieg, Inflation und Rezessionsängsten die Tech-Aktien abstürzten. Und eine weitere Ausgabe von Convertibles als Brückenfinanzierung schien den knapp 100 Investoren, die rund drei Viertel der Ava-Aktien halten, zu riskant.
Somit blieb nur noch der Verkauf: Die Kontakte zu FemTec Health, die als stategischer Investor gilt und mit ihrer Grösse bessere Überlebenschancen haben dürfte, waren seit Langem vorhanden. Die Übernahme ist ein Aktientausch, Cash fliesst in dem Deal nicht. Auch wenn ihn die grosse Mehrheit der Investoren angesichts der ausweglosen Lage unterstützte, sind viele nur mässig zufrieden mit dem Exit. «Er war nicht toll, aber er war auch nicht grottenschlecht», sagt einer von ihnen.
«Die ganze Firma hat sich sicher etwas anderes erhofft», ein anderer. Auf der Erfolgsseite verbucht werden kann die Tatsache, dass der neue Eigentümer den zuletzt noch 50 Angestellten die Weiterbeschäftigung angeboten hat, was aber nicht alle angenommen haben. Auch Lea von Bidder nicht. Sie will, so hört man, jetzt erst mal eine längere Auszeit nehmen und sich danach neuen Start-up-Projekten zuwenden.