Was ihm gelungen ist, konnte lange kein Chef der Post mehr von sich sagen: Roberto Cirillo geht selbstbestimmt, erhobenen Hauptes und hat dem Konzern einige strategische Stromstösse verpasst – und zudem die umstrittene, aber wohl alternativlose Kürzung des Poststellennetzes auf den Weg gebracht, die erste Aufregung war bereits abgeregnet. Umso erstaunter war das Publikum, als er nun unerwartet, im zarten Alter von 53 Jahren, nach immerhin sechs CEO-Jahren seinen Rücktritt erklärte: «Ich sehe meine Mission als erfüllt und bin kein Sesselkleber», sagt Cirillo.

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Er habe, sagt er zur Begründung, die Transformation vorangetrieben und den Weg für die kommenden Jahre geebnet. Es gibt zwar auch kritische Stimmen. Etwa zur stark gewachsenen Summe an Goodwill in der Bilanz, ausgelöst vor allem durch Zukäufe von Firmen in der Digitalsparte Digital Services, geführt von Nicole Burth, die Cirillo geholt hat. Das Ganze liege deutlich hinter den Businessplänen, und «da dürfte bald ein grösserer Abschreiber fällig sein», sagt ein Insider, womöglich eine höhere zweistellige Millionensumme.

Die Spekulationen, Cirillo habe sich mit Konzernpräsident Christian Levrat zerstritten, halten Post-Leute für falsch. Die beiden hätten sich oft und gern ausgetauscht, sind in ähnlichem Alter, Cirillo soll die Gespräche mit Levrat als «gute Peer-Dialoge» bezeichnet haben. Dass ihn das «politische Paradox» (ein Levrat-Zitat) zermürbt habe, einerseits von der Post Zukunftsfähigkeit und Renditen zu verlangen und andererseits bei jeder wegfallenden Poststelle lautstark zu meckern, bestreitet Cirillo: Die Sinnstiftung im Land durch die Post sei ihm sehr bewusst.

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Cirillo geht auf eigenen Wunsch; anders als Vor-Vorgängerin Susanne Ruoff, die stets überfordert wirkte, anders als Michel Kunz, der mit seinem Präsidenten Claude Béglé überfordert war, Jürg Bucher und Ulrich Hurni waren Übergangslösungen. Der Letzte, der aufrecht als CEO ging, war Ulrich Gygi im Jahr 2009. Als Post-Chef zu reüssieren, sagt ein ehemaliger Topshot, sei, umstellt von Politik, Volk und wirtschaftlichem Umfeld, nahezu unmöglich.

Cirillo hat bisher keinen neuen Job. Es soll aber nochmals etwas Operatives kommen, durchaus auch im Ausland. Seine Stärken seien: «Dienstleistungsbranche, grosse Transformationen, auch in einer komplexen Umgebung.»

Als mögliche Nachfolger wird in diversen Medien über die beiden Stellvertreter Cirillos, Postnetz-Chef Thomas Baur und Finanzchef Alex Glanzmann, spekuliert; Glanzmann wird nach Cirillos Ausscheiden ab April die Post ad interim führen. Dennoch gilt er als Finanzer gemäss Insidern genauso als chancenlos wie der bereits 60-jährige Baur. Von den Internen dürfte sich am ehesten der junge Leiter der Logistiksparte, Johannes Cramer, Chancen ausrechnen. Zumal Cirillo mehrfach betont hat, dass er geeignete Nachfolgekandidaten aufgebaut habe, die «einen Horizont bis 2035 verkörpern» können; dieser Zeitraum «wäre für mich selber zu lang gewesen».