Sie war eine mächtige Einkaufsallianz und bot den grossen Nahrungsmittelherstellern regelmässig die Stirn. Nun aber büsst die 2015 gegründete Einkaufskooperation Agecore mit Sitz in Genf massiv an Schlagkraft ein.
Erst gab kürzlich die deutsche Detailhandelskette Edeka ihren Abgang bekannt, kurz darauf die französische Intermarché, die unter Druck der Kartellbehörden geraten ist. Zusammen mit Coop waren sie die drei Schwergewichte in der Sechserrunde europäischer Händler.
Für Aufsehen sorgten sie etwa 2018, als Agecore den Nahrungsmittelmulti Nestlé ins Visier nahm und Coop mehr als 150 Nestlé-Artikel aus dem Sortiment warf. Nach mehreren Monaten wurde der Streit beigelegt, Coop versprach, die errungenen Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben. Ein Jahr später ging die Allianz gegen den Mars-Konzern vor, in den Regalen fehlten plötzlich Marken wie M&M’s, Uncle Ben’s oder Sugus. Zuletzt war man im Streit mit Coca-Cola.
Einen grossen Hebel hatten die vereinten Händler, weil sie gemeinsam ein Umsatzvolumen von rund 170 Milliarden Euro zusammenbrachten. Und so den Konsumgüterherstellern auf Augenhöhe begegnen konnten. Ohne Edeka und Intermarché wird es schwieriger. Der gewöhnlich hinter den Kulissen agierende Verbund bringt nur noch ein Gewicht von rund 60 Milliarden Euro auf die Waage.
60 Milliarden Euro bringen die vier verbleibenden Detailhändler als Gesamtumsatz zusammen.
Ob Coop angesichts dieser Umstände ebenfalls bei Agecore aussteigt, war bisher unklar. Auf eine Anfrage der «Lebensmittel Zeitung» hatte sich Coop «Bedenkzeit erbeten». Nun aber bestätigt Coop gegenüber BILANZ, dass man an Bord bleibt. «Agecore wird die Einzelhandelsallianz und ihre Aktivitäten auf der Grundlage ihrer bewährten Erfolgsbilanz und zum Nutzen der Kundinnen und Kunden in neuer Formation (Coop, Conad, Colruyt, Eroski) fortführen», sagt Coop-Sprecherin Rebecca Veiga. «Wir waren bereits in früheren Jahren erfolgreich zu dritt unterwegs.»
Die grösste Einkaufsallianz in Europa bildet nun CWT mit Carrefour und Tesco und einem Umsatz von rund 204 Milliarden Euro.
Der im Mai gestartete neue Coop-CEO und bisherige Vize Philipp Wyss wird sich bei Agecore auch gleich mit einem neuen Chef arrangieren. Lange wurde die Allianz vom Italiener Gianluigi Ferrari geführt, von dem zwar wenig bekannt ist, der aber als knallharter Verhandler mit langjähriger Erfahrung in der Branche gilt. Im September stieg er aus. Seit März leitet nun der als konstruktiver geltende Dirk Depoorter die Genfer Allianz. Bisher war er Einkaufschef beim belgischen Detailhändler Colruyt.