Er ist schwierig zu greifen. Der designierte Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV) Henrique Schneider (45) ist weder auf Twitter noch auf LinkedIn präsent. Anfragen für Interviews lehnt er bis zu seinem Antritt Ende Juni ab – auch halte er sich nicht für eine so spannende Persönlichkeit, schreibt er auf die Anfrage. An die Öffentlichkeit tritt er dennoch: Als Akademiker schreibt er über Themen wie China, Neutralität oder Datenschutz. Als Autor verfasste er Bücher über liberale Persönlichkeiten, Sharing Economy oder Dorfgemeinschaften in Kosovo. Und als SGV-Vizedirektor textete er Positionspapiere, etwa zur Versorgungssicherheit, zum CO2-Gesetz oder zur Energiestrategie 2050. «In das Energiedossier hat er sich sehr tief eingearbeitet», sagt ein SGV-Mitglied, das anonym bleiben will und Schneider eine hohe Kompetenz attestiert. Gewählt wurde er einstimmig. In seiner «brillanten» Präsentation vor der Gewerbekammer soll er die letzten Zweifler überzeugt haben. Moderate und besonders linke Kreise hofften davor auf einen Neuanfang nach der Ära um den aufmüpfigen Hans-Ulrich Bigler. Sie wurden enttäuscht. Schneider wird ähnliche Positionen vertreten und für einen Abbau von Regulierungen kämpfen. Und er wird unpopuläre Meinungen wohl ebenso genüsslich verteidigen.

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Die Mitstreiter

Gemeinsam mit Mitte-Nationalrat und SGV-Präsident Fabio Regazzi steht Henrique Schneider als künftiger Direktor bald an der Spitze des Gewerbeverbands. Regazzi bezeichnete ihn bereits als «Schnelldenker», der innerhalb des Verbands sehr geschätzt sei. Das Duo Regazzi/Schneider dürfte der eingeschlagenen Strategie treu bleiben und als unbequeme Kraft öfters über Kreuz liegen mit Economiesuisse, dem Verband der Grosskonzerne, den Schneider nur halb im Scherz auch schon als «Sozis vom Hegibach» bezeichnete. Im Hinblick auf die Wahlen im Herbst gibt es jedoch eine Art Burgfrieden unter den Wirtschaftsverbänden, die zusammen mit dem Bauern- und dem Arbeitgeberverband unter der Klammer «Perspektive Schweiz» dafür weibeln, dass die Wähler auf wirtschaftsfreundliche Politiker setzen. Ein Bindeglied ist etwa Gian-Luca Lardi, Zentralpräsident des Baumeisterverbands, der allen drei Wirtschaftsdachverbänden angehört. Rückendeckung bei Themen wie hohe Strompreise, Inflation und Fachkräftemangel dürfte Schneider auch von GastroSuisse-Präsident Casimir Platzer und HotellerieSuisse-Präsident Andreas Züllig erhalten – beide sitzen auch im SGV-Vorstand. Da Schneider sein Professorenamt niederlegt, dürfte für den intellektuellen Austausch das von Olivier Kessler geleitete Liberale Institut mit Hauptsitz in Zürich wichtig bleiben. Schneider sitzt im Stiftungsrat und veröffentlicht für die Denkfabrik regelmässig Papers zu freiheitlichen Themen.