Die Fluggesellschaften kennen die flexiblen Preise schon seit den 1980er Jahren und profitieren von Frühbuchern, aber auch von Last-Minute-Entscheidern. Frühes Buchen erleichtert den Gesellschaften die Planung und lässt das Geld schon vor Reiseantritt auf das Konto des Anbieters fliessen. Mit Last-Minute-Angeboten kann zudem die Auslastung der Flugzeuge verbessert werden. Gleichzeitig profitiert in beiden Fällen der Konsument von günstigeren Preisen. Eine klassische Win-win-Situation, könnte man meinen. Doch ganz so einfach ist es auch wieder nicht.

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Pascal Jenny ist Präsident von Arosa Tourismus und Ökosystem-Spezialist.

Dynamic Pricing funktioniert nicht überall. Die Nachfrage eines Produktes muss stark variieren, wie das etwa auch in den Skigebieten der Fall ist. An einem sonnigen Tag während der Hochsaison wollen alle auf die Piste. Aber auch an wettertechnisch nicht idealen Tagen ausserhalb der Hochsaison muss der Betrieb eines Skigebietes sichergestellt und bezahlt werden. In Arosa–Lenzerheide bedeutet das konkret einen Kostenaufwand für den Betreiber in der Höhe von rund 300'000 Franken für einen einzelnen Tag mit allem Drum und Dran. Die Einführung von Dynamic Pricing war die Antwort der Schweizer Skigebiete auf die Aufhebung des Euro-Mindestkurses von 1.20 Franken im Jahr 2015. Plötzlich waren Skiferien für Gäste aus dem Euroraum 25 Prozent teurer geworden und für Schweizer:innen im Ausland umso billiger. Mit den Frühbucherrabatten konnte man die Gäste erfolgreich zum vorzeitigen Buchen animieren. Zudem wird das Wetterrisiko auf die Kund:innen übertragen. Gerade während der Familien-Skiferien, welche man genug weit im Voraus bucht und dann ohnehin eine Woche lang auf den Ski oder Snowboards stehen möchte, sind ideal geeignet für das vorzeitige Lösen der Skipässe. Dadurch kann eine Familie viel Geld sparen, und dank effizienten Beschneiungsanlagen in zahlreichen Skigebieten steht praktisch während der ganzen Wintersaison ein breites Pistenangebot zur Verfügung.

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Skigebiete sind im Gegensatz zu Flugzeugen jedoch nie komplett ausgebucht. Somit entfallen in den Bergen die günstigen Last-Minute-Angebote. Spontan Ski fahren zu gehen, ist also immer teurer, als weit im Voraus zu buchen. Dies kann in der heutigen schnelllebigen und von vielen spontanen Entscheiden geprägten Welt einen negativen Punkt darstellen. Auch dürfen die Gäste nicht davon ausgehen, dass immer und zu jeder Zeit Schnäppchenpreise angeboten werden.

Dynamic Pricing birgt aber auch Risiken. Wir leben in einer digitalisierten Welt, und viele Daten werden weiterverarbeitet. Die Konsumenten sehen es jedoch kritisch, wenn zwei Personen zum selben Zeitpunkt ein Produkt einkaufen und dafür nur aufgrund ihres Klickverhaltens unterschiedliche Preise bezahlen. So könnten zum Beispiel auch rein technisch für Buchungen von Apple-Geräten aus höhere Preise verlangt werden als von Android-Geräten. Dies weil die Kaufkraft von Apple-Usern in der Regel höher ist. Intransparente personalisierte Rabatte wecken bei den Kund:innen zum Teil eher Misstrauen. Es ist deshalb für die Anbieter wichtig, offen zu kommunizieren, wie die Preisreduktionen begründet werden. Solange dies für die Gäste verständlich und nachvollziehbar ist, werden sie das Vertrauen ins Unternehmen behalten und dem Angebot trauen. Unter diesen Aspekten sehe ich Dynamic Pricing als ein sehr wirkungsvolles Marketinginstrument für die Schneesportgebiete. Mittlerweile sind Onlinebuchungen mit Dynamic Pricing bei den Kund:innen in Arosa–Lenzerheide breit akzeptiert und machen heute gut 65 Prozent des Direktverkaufs aus. Die variablen Preise sollten aber mit Bedacht eingesetzt werden, damit am Schluss Gäste und Anbieter ein positives Fazit ziehen können.