Man kann den Sternträgern getrost vorwerfen, dass der Sex-Appeal ihrer Fahrzeugbezeichnungen (von «Namen» kann man in diesem Zusammenhang ja nicht sprechen) zu wünschen übrig lässt. Es war schon immer eine Krankheit made in Untertürkheim, den Autos einen Bandwurm an Zahlen, Ziffern und Buchstabenfolgen zu verpassen; muss wohl so sein bei einer derart Ingenieur-getriebenen Firma, wie es der Daimler immer war. Legendär auch der seinerzeit bewunderte Renner 190 E 2.3-16. Man könnte schlicht bei den Italienern abschauen, wie man das besser macht. Aber was solls, es gibt ja Schlimmeres. Kann man sich auch bei den Italienern abschauen.
Was den 190 von damals mit dem A45 von heute verbindet: Beide sind die «Kleinen», auch wenn der 190 damals bereits eine ausgewachsene Limousine war. Aber beide sind recht untypisch für die Marke mit dem Stern. Von dieser bin ich in den zurückliegenden Monaten einige Modelle gefahren. Darunter waren so unterschiedliche wie der GLC 220 Diesel, ein SUV im besten Sinn: erhabene Sitzposition, absolut souveränes Fahrgefühl und trotz der nicht überbordenden Motorleistung jederzeit ausreichend Vortrieb – ein Beschleuniger, der den Fahrer entschleunigt.
Oder der EQS SUV, zwar wieder ein SUV, aber dieses Mal ein Grossgerät mit weit über fünf Metern Länge und einer monströsen Batterie, der in Sachen elektrische Tugenden wie Laufruhe und satte Beschleunigung Massstäbe setzt. Allerdings auch in Sachen Füllstand für Parkfelder oder die private Garage. Und nun eben der kleine, aber dafür, sorry, rattenscharfe A-Klasse-AMG.
Warum suche ich mir gerade den aus, um näher auf ihn einzugehen? Weil er einer gefährdeten Spezies angehört. Konzernboss Ola Källenius setzt auf Luxus und Hochpreisiges, und sowenig man den kleinen AMG als billig bezeichnen kann und sowenig Källenius klar sagt, welche Modelle er streichen will, so klar gilt die A-Klasse als Auslaufmodell: Grössere Autos bringen grössere Margen. Punkt.
Jetzt aber endlich zum Auto. Für eine «Rennsemmel» ist der Kleine dann doch zu komfortabel, auch wenn man ihm rein optisch kein Understatement nachsagen kann. Das Fahrwerk kann auf Wunsch bretthart, lenkt trocken ein und gibt in den hügeligen, engen Waldstrassen im Knonauer Amt vertrauensbildende Rückmeldungen. Zugleich ist das Interieur sicher nicht so distinguiert wie bei seinen grossen Brüdern, aber ein wenig Abstand muss ja sein. Und im Konkurrenzvergleich rangiert der A-AMG immer noch in der Edelschublade. Die 421 PS machen so viel Freude, dass ich nur sagen kann: Holen Sie sich einen, bevor Ola ernst macht und ihn streicht. Wäre echt schade drum.
Antrieb: 2-Liter-4-Zylinder-Benziner
Verbrauch: 9,2 Liter Super Plus
Leistung: 421 PS (310 kW) 0–100 km/h: 3,9 s Vmax: 270 km/h
Preis: ab 88'000 Franken