Finanztransaktionssteuern, Neuzuweisung von Besteuerungsrechten bei Digitalunternehmen, OECD-Mindestbesteuerung – was bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern Unbehagen auslöst, bildet die Arbeitsgrundlage der Steuerberater und Treuhänder der Schweiz. Die besten haben wir gemeinsam mit dem Marktforschungsunternehmen Statista ermittelt.
«Für uns sind politische Entwicklungen wie beispielsweise die neue OECD-Mindestbesteuerung ein wichtiges Thema», sagt beispielsweise Natalie Dini, Partnerin bei Tax Partner in Zürich. Auch Rechtsmittelverfahren und grenzüberschreitende Betriebsprüfungen hätten zugenommen, sagt Dini, die mit ihrer Firma in diesem Jahr wieder in der Kategorie zwischen 50 und 149 Mitarbeitenden gewonnen hat.
«Parlamente rund um den Erdball erlassen mehr und mehr Gesetze», konstatiert auch Dieter Wirth, Managing Partner und Leiter Tax, Legal & HR Services bei PwC Schweiz. Neben den Einzelstaaten würden immer öfter auch Staatengemeinschaften (wie EU, G-20) oder multinationale Organisationen (wie Europarat, UNO, OECD) als «Policy Maker» auftreten. «Damit werden die rechtlichen Probleme der Wirtschaftsakteure immer komplexer», sagt Wirth. «Diese Entwicklung beschleunigt sich mit dem technologischen Fortschritt und der Geschwindigkeit, wie Daten und Informationen rund um den Erdball geteilt und verbreitet werden.» Wirth hat mit seiner Firma unter den «Big 4» in diesem Jahr den ersten Rang geholt.
«Zunehmende Anforderungen an Compliance und internationale Vorschriften, Fachkräftemangel sowie der steigende Druck zur Digitalisierung sind die aktuellen Herausforderungen», bestätigt auch Marcel Rohrer, Leiter Treuhand und Mitglied der Geschäftsleitung bei BDO. «Unsere Aufgabe ist es nicht nur, traditionelle Steuer- oder Treuhandleistungen zu gewährleisten, sondern auch, moderne Technologien zu integrieren, um effizienter zu arbeiten und gleichzeitig den hohen Qualitätsanspruch zu wahren.» Dabei würden Automatisierung, Datensicherheit und -schutz eine Schlüsselrolle spielen. BDO erarbeitete sich dieses Jahr wieder den Spitzenplatz unter den grösseren Steuerberatern und Treuhandfirmen.
Hier kümmert sich der Chef
«Vor allem die bestehenden Kunden haben uns darauf angesprochen», sagt Stefan Gyseler, Geschäftsführer der gleichnamigen Treuhandfirma mit Sitz in Baar ZG. Er konnte das Siegersiegel vergangenes Jahr lang auf seiner Webseite prominent platzieren – und er braucht es jetzt lediglich für die Kategorie der besten Steuerberater und Treuhänder bis zu neun Mitarbeitenden zu erneuern. Das Erfolgsrezept seines Unternehmens beschreibt er mit der Kombination ausgezeichneter fachlicher Arbeit und «einer gewissen Einfühlbereitschaft»: «Einfach nur die Arbeit erledigen – das kann eigentlich auch eine Software», sagt Gyseler, «aber für die Kunden ist nicht nur die Vermittlung des Wissens wichtig, sondern auch das Gefühl, dass sie verstanden werden.»
Wobei: Auch hier testet man die Möglichkeiten der neusten Entwicklungen bei der künstlichen Intelligenz (KI). Software, bei der einfache KI-Varianten als Unterstützung im Hintergrund arbeiten, gibt es bereits seit einigen Jahren. Zunehmend arbeitet man papierlos. «Für das Schreiben von Businessplänen funktioniert das sehr gut», beschreibt Gyseler seine Erfahrungen mit der generativen KI, wie sie auch ChatGPT zugrunde liegt. «Aber wie man optimal auf eine Steuereinsprache reagiert – das schafft sie noch nicht.»
Auch wenn der KI immer wieder grosse Einsparpotenziale nachgesagt werden – hinsichtlich der Grösse sieht sich Gyseler optimal aufgestellt. «Mit sieben Mitarbeitenden können wir uns qualitativ sehr gut weiterentwickeln – ich habe die Erfahrung gemacht, dass das eine Grösse ist, bei der ich noch mit den Kunden direkt zusammenarbeiten kann.» Bei einer grösseren Anzahl Mitarbeitenden würde auch der administrative Aufwand steigen. Und es gibt noch weitere Vorteile. «Bei dieser Grösse bleibt man praktisch unter dem Schirm der grösseren Treuhandfirmen», sagt Gyseler. Denn Anfragen kommen oft über Empfehlungen und Abklärungen der potenziellen Kunden. «Und vielfach bearbeiten dann bei den grossen Firmen andere Personen die Themen – und nicht diejenigen, mit denen man zuerst gesprochen und für die man sich aufgrund fachlicher Expertise und persönlicher Sympathie entschieden hat.»
Kollege namens ChatGPT
Auch bei Tax Partner spielen laut Natalie Dini «weiche Faktoren» eine wichtige Rolle. «Wir möchten nicht nur für die besten Kunden die beste Arbeit machen, sondern auch intern eine andere Philosophie verfolgen – wir setzen auf Teamarbeit.» Nicht nur die Qualität der Zusammenarbeit, auch ganz grundsätzlich die Qualität sei damit auf ein neues Niveau gestiegen.
Wie bei anderen Unternehmen spürt man auch hier den Preisdruck und die Auswirkungen neuer Technologien. «Bei unserer täglichen Arbeit setzen wir unter anderem ChatGPT und DeepL ein», sagt Dini weiter. Damit liessen sich viele kleine Arbeiten erledigen. «Aber wir bewegen uns selber im High End der Beratung, und da sind weiterhin viel Kreativität und individuelle Lösungen gefragt.» Bei Neuanstellungen achte man darauf, dass die Personen mit modernen Technologien umgehen können. «Wir sehen das auch bei uns, dass jüngere Teammitglieder gute Ideen haben und vorschlagen, wie man einzelne Schritte mit dem effizienten Einsatz von Technologien verbessern kann», schildert Dini ihren Arbeitsalltag. Die grösste Herausforderung dabei sei der Aufbau der Erfahrung. «Die modernen Technologien erleichtern gewisse Arbeiten – fördern aber nicht den Erwerb zusätzlichen Wissens. Wir haben weiterhin die Verantwortung, den Nachwuchs on the job auszubilden und unser Wissen weiterzugeben, damit die Qualität unserer Arbeit auch in Zukunft sichergestellt ist.»
«Denn die Fachpersonen aus der Boomer-Generation gehen in Pension», stellt Peter Hongler fest. Er forscht zu internationalem Steuerrecht sowie Grundfragen des nationalen Steuerrechts und leitet den Bachelor-Lehrgang Law and Economics an der Universität St. Gallen. «Wir sehen deshalb weiterhin einen starken Bedarf an Fachleuten.» Arbeitgeber müssten jungen Menschen andere, flexiblere Arbeitsbedingungen mit Homeoffice-Möglichkeiten und Sabbaticals anbieten – in dieser Hinsicht gleicht sich das Bild demjenigen von anderen Branchen.
Kampf um die Besten
«Wie in vielen anderen Branchen haben auch wir mit dem Problem des Fachkräftemangels zu kämpfen», bestätigt Daniela Schneeberger, Zentralpräsidentin von Treuhand Suisse, die akademische Sicht. «Viele erfahrene Fachkräfte gehen in den Ruhestand, und qualifizierter Nachwuchs ist schwer zu finden.» Gleichzeitig werde das Arbeitsumfeld immer komplexer und vielseitiger, was es auch sehr spannend macht. «Neue Gesetze, Vorschriften und Regelungen kommen ständig hinzu», so Schneeberger weiter. «Deshalb ist es umso wichtiger, sich kontinuierlich weiterzubilden, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.»
Die Methodik
Der Wettbewerb um Fachkräfte sei intensiver denn je, besonders in der Treuhandbranche, sagt auch Rohrer. «Bei BDO investieren wir stark in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeitenden und bieten attraktive Entwicklungsprogramme. Darüber hinaus setzen wir auf moderne Technologien und gestalten ein attraktives Arbeitsumfeld.» In der heutigen Zeit sei es entscheidend, nicht nur technologisch auf dem neuesten Stand zu sein, sondern auch den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. «Die Arbeit wird deutlich technischer und gleichzeitig persönlicher», erwartet Rohrer für die Zeit nach 2030. Automatisierte Prozesse und künstliche Intelligenz werden Routineaufgaben rund um Buchhaltung, Steuererklärungen und Reporting weitgehend übernehmen. «Das verschafft Beraterinnen und Beratern mehr Raum, sich auf komplexere, strategische Fragestellungen und individuelle Kundenbedürfnisse zu konzentrieren.»
Vertrauen schaffen
«Es ist in der Tat nicht einfach, Fachpersonen zu finden, die mit den erwähnten Herausforderungen wachsen wollen», beobachtet auch Dieter Wirth von PwC. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: demografische Veränderung, verändertes Karrieredenken usw. Weiter hätten sich die Schwerpunkte der Mitarbeitenden und damit die Anforderungen an Arbeitgeberfirmen über die letzten Jahrzehnte verändert. «Mitarbeitende legen heute grossen Wert auf persönliche Flexibilität sowie die Vereinbarkeit von privaten und familiären Zielen mit beruflicher Perspektive», sagt Wirth. «Früher mussten sie sich in Berufen wie unseren oft zwischen Privatleben und Karriere entscheiden. Das ist heute nicht mehr der Fall – wir haben hybride Arbeitsmodelle eingeführt und tun einiges für die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben.»
Die Erfahrung der Vergangenheit ist gemäss Wirth nur schlecht geeignet, um eine verlässliche Zukunftsprognose zu wagen. «Denn noch vor zwei Jahren war beispielsweise das Thema künstliche Intelligenz kein permanenter Agendapunkt in unserem Business Planning; heute bestimmt dieses Thema alle unsere Entscheidungen mit», sagt Wirth. «Die technologische Entwicklung ist schnell und hat einschneidende Auswirkungen auf das Wie – das heisst, wie wir arbeiten, das Wissen aufarbeiten, es teilen und unsere Dienstleistungen anbieten.» Was aber sicherlich bleiben werde, seien die menschlichen Kompetenzen hinsichtlich Teamwork wie Transparenz, Ehrlichkeit und der gegenseitige Respekt. «Diese Werte schaffen Vertrauen, auf das sich unsere Klientel, unsere Mitarbeitenden, die Regulatoren und Behörden sowie die Öffentlichkeit auch in Zukunft verlassen können müssen», so Wirth.
Auch und gerade bei Themen wie OECD-Mindestbesteuerung, Neuzuweisung von Besteuerungsrechten bei Digitalunternehmen oder Finanztransaktionssteuern. Auch wenn das Unbehagen darüber nicht ganz weg ist, ist es bei den besten Steuerberatern und Treuhändern doch wenigstens in ausgezeichneten Händen.
BILANZ-Partner Statista
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