Ich war nie ein Freund von Beamern als TV-Ersatz. Entweder hängt der Projektor unschön unter der Decke, oder er steht mitten im Wohnzimmer, und man stolpert auf dem Weg zur Couch über die Kabel. Und wenn irgendjemand oder -etwas in den Projektorstrahl gerät, sieht man statt Film nur schwarze Schatten. Ultrakurzdistanz-Beamer lösen all diese Probleme: Sie stehen direkt unter der Projektionsfläche, integrieren sich damit gut in die Wohnlandschaft und werfen aus nächster Nähe ein extrem weitwinkliges, grosses Bild auf die Leinwand. Die Gerätekategorie gibts seit etwa einem Jahrzehnt, aber erst in den letzten Jahren hat sie an Popularität gewonnen.
Marc Kowalsky ist ein Early Digital Immigrant: Seit über 35 Jahren fühlt er den neusten IT-Produkten auf den Zahn.
Samsung etwa kam 2020 in den Markt mit dem The Premiere 4K LSP9. Nun liefert die Firma das Nachfolgemodell unter dem Namen The Premiere 9, und es positioniert sich ganz oben in der firmeninternen Hierarchie. Dafür sorgt allein schon der stolze Preis. Die erste Enttäuschung kommt beim Einrichten: Die Trapezkorrektur erfolgt nur manuell und in engen Grenzen, dito die Fokussierung. Das Bild wirklich laserscharf zu stellen, ist mir nicht gelungen, es war immer ganz leicht verwischt. Ausrichtung und Fokussierung können andere, auch deutlich günstigere Geräte automatisch und besser.
The Premiere 9 basiert auf einem Dreifach-Laser, der ein Bild von bis zu 130 Zoll Durchmesser mit der erstaunlichen Lichtstärke von 3450 Lumen produziert. Diese Helligkeit ist sicher das Hauptargument für den Kauf des Premiere: Auch in meiner fensterreichen Stube musste man die Storen nicht herunterlassen, sogar bei direktem Lichteinfall auf die Leinwand (deren Verwendung sich übrigens bei einem Beamer dieser Klasse dringend empfiehlt) konnte man noch etwas erkennen. Die Auflösung beträgt 4K, Signale von niedriger Qualität werden ähnlich wie beim TV-Gerät gut hochskaliert. Dank HDR-Unterstützung leuchten die Farben wunderbar kräftig, da kann man auch verschmerzen, dass Dolby Vision fehlt. Allerdings hängt die Wiedergabe ex USB-Stick immer mal wieder («Dune») oder blockiert total («Top Gun: Maverick»), via Netzwerk liess sich bisweilen das Vorspulen («Dune 2») nicht mehr stoppen – nervig.
Der Sound aus je zwei Stereolautsprechern, Subwoofern und Upfire-Speakern ist für so ein schmales Gerät sehr valabel, auch Dolby Atmos wird unterstützt. Der Beamer ersetzt damit eine Soundbar, aber natürlich kein echtes Surround-System – gerade der Deckensound klingt schmalbrüstig. Alternativ lassen sich zwei Kopfhörer via Bluetooth koppeln. Und schade, dass der Lüfter bei leisen Passagen durchaus hörbar ist.
Der Projektor basiert auf dem Samsung-eigenen Betriebssystem Tizen. Die Apps der wichtigsten Videodienste sind bereits installiert, aber Good Luck, wenn Sie was Spezielles suchen – die Auswahl ist deutlich kleiner als bei Android. Dieses Problem teilt The Premiere 9 mit den Fernsehern aus demselben Haus.
Fazit: Die Lichtstärke ist wirklich beeindruckend. Aber für diesen Preis hat mir das Gerät ein paar Schwächen zu viel.
★ Technoschrott ★★ verzichtbar ★★★ nice to have ★★★★ cool ★★★★★ wegweisend