Die «Medienkrise» ist in aller Munde – und dies nicht erst seit gestern. Schlagzeilen über Abbaupläne und Entlassungen in der Medienbranche sind omnipräsent. Gleichzeitig ist jedoch auffällig, dass die Menschen mehr Medien konsumieren denn je. Ja, Warnungen vor einem übermässigen Medienkonsum sind ebenso allgegenwärtig wie die «Medienkrise». Wie passt das zusammen?

Während einige Medienunternehmen tatsächlich in der Krise stecken, ist der Medienmarkt insgesamt von grosser Dynamik und Aufbruchstimmung geprägt. Aus ökonomischer Sicht ähneln die Entwicklungen dem, was andere Branchen auch durchmachen mussten. Einerseits hat die Digitalisierung zu einer Effizienzsteigerung geführt, sodass die Kosten für die Erstellung und Übermittlung von Medieninhalten – seien es Texte, Audio- oder Videoformate – massiv gesunken sind. Dadurch sind viele zusätzliche Anbieter in den Markt eingetreten. Andererseits sorgt die steigende Fremdsprachenkompetenz für eine Globalisierung der Medienlandschaft. Weil immer mehr Personen Englisch verstehen, können globale Anbieter von Medieninhalten ihre Produkte auch in der Schweiz vermarkten.

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Adriel Jost ist Ex-SNB-Mitarbeiter, Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern und Präsident des Thinktanks Liberethica.

Medienkonsumierende können von diesem erhöhten Wettbewerb enorm profitieren. Wir haben besseren Zugang als je zuvor zu Nachrichten, Unterhaltung, Wissenssendungen, politischen Einschätzungen und vielem mehr. Es gibt kaum ein Nischenthema, über das ich mich nicht in exzellenter und unterhaltsamer Qualität informieren kann.

Für Anbieter von Medieninhalten ist der erhöhte Wettbewerb hingegen eine schlechte Nachricht. Spielt der Wettbewerb nur wenig, lässt es sich komfortabler leben und wirtschaften. Im Medienmarkt kann der Wettbewerb nun aber sogar besonders intensiv werden, da auch viele Anbieter in den Markt drängen, die Medieninhalte, zum Beispiel Podcasts, als Nebenerwerb oder Hobby herstellen. Für Schweizer Anbieter von Medieninhalten kommen die hohen Lohnkosten hierzulande als Herausforderung hinzu. Netzwerkeffekte bei Plattformen – ab einer gewissen Grösse strömen zusätzliche Anbieter und Konsumenten auf eine Plattform – führen (zumindest vorübergehend) zusätzlich zu Monopolstellungen in der Vermarktung von Medieneinnahmen, wovon insbesondere Tech-Konzerne profitieren.

Dies ist alles nicht ohne Gefahren für eine Gesellschaft. So haben es angesichts des exzellenten globalen Angebots lokale Anbieter schwer, sich zu behaupten und genügend Zahlungsbereitschaft zu generieren. Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist aber langfristig nur möglich, wenn ein Grossteil der Bevölkerung auch über die lokalen Begebenheiten informiert ist.

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Jammern ist dabei aber keine Lösung. Subventionen an Unternehmen zu verteilen, die Entwicklungen verschlafen haben, auch nicht. Statt nur Gefahren zu sehen, gilt es, die Chancen zu nützen. So erleichtern die tiefen Eintrittshürden in den Medienmarkt das gesellschaftliche Engagement von Einzelpersonen, Vereinen oder Interessengruppen, zum Beispiel für das kritische Begleiten der Lokalpolitik oder für die Förderung von Medienkompetenzen angesichts immer ausgeklügelterer Algorithmen in den sozialen Medien. Gefragt sind auch – wie in allen anderen Wirtschaftszweigen, die im internationalen Wettbewerb stehen – gute Ideen und harte Arbeit. Für innovative und qualitativ hochstehende lokale Produkte gibt es sehr wohl einen Markt. Und falls dann noch eine Unterversorgung an Medieninhalten mit gesellschaftlich relevanten Themen vorhanden ist, können gemeinschaftliche Lösungen à la SRG diese Lücken schliessen. Aber nur dann.