Die USA werden gerufen, wenn es in der Welt brennt. Die amerikanische Unterstützung garantiert Stabilität in geopolitisch unruhigen Zeiten. So hat Russlands Krieg gegen die Ukraine bestätigt, wie abhängig Europa von den USA ist. Auch im wieder aufgeflammten Nahost-Konflikt spielen die USA eine entscheidende Rolle. Aber können sich die USA diese Unterstützung überhaupt leisten? Steigende Zinsen auf amerikanischen Schuldpapieren und die wenig konstruktiven Budgetdebatten im US-Parlament sind nur Vorboten von berechtigten Zweifeln.
Schon lange ist das sogenannte Zwillingsdefizit der USA ein Thema. Was wird darunter verstanden? Einerseits kaufen amerikanische Haushalte und Firmen mehr im Ausland ein, als die US-Unternehmen ins Ausland exportieren. Dies führt zu einem Handelsbilanzdefizit. Anderseits gibt der amerikanische Staat deutlich mehr Geld aus, als er einnimmt. Seit den 1950er Jahren hat es nur wenige Jahre gegeben, in denen die Behörden kein Fiskaldefizit ausweisen mussten.
Die USA sind damit auf ausländische Investoren angewiesen, soll der US-Dollar nicht an Wert verlieren. Das Ausmass wird dabei immer grösser. Sowohl Handels-als auch Fiskaldefizite sind mit der Corona-Krise weiter angestiegen. Netto sind die USA nun mit rund 18 Billionen Dollar im Ausland verschuldet. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hält amerikanische Staatsschulden in der Höhe von rund 250 Milliarden Dollar.
Adriel Jost ist Ex-SNB-Mitarbeiter, Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern und Präsident des Thinktanks Liberethica.
Ausländische Investoren reichten jedoch nicht aus, um das Fiskaldefizit zu decken. Die US-Zentralbank Federal Reserve hat ebenfalls reichlich Staatsschulden gekauft. Derzeit besitzt die Fed etwa 20 Prozent aller ausstehenden Schulden. Das ging gut, bis der Dollar an Kaufkraft verlor. Aufgrund der Geldentwertung im Nachgang der Corona-Krise trat die Zentralbank auf die Bremse. Sie stoppte ihre Anleihenkäufe und erhöhte die Leitzinsen massiv.
Die Fed musste dies tun, um ihre Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel zu setzen. Doch damit sind die Probleme nicht gelöst, im Gegenteil. Einerseits erhöht der Zinsanstieg das Fiskaldefizit weiter, da die Zinskosten explodieren. Anderseits hat der Zinsanstieg dazu geführt, dass sich das Zwillings-in ein Drillingsdefizit verwandelt hat. Betroffen ist die Zentralbank selbst. Gemäss üblichen Buchhaltungsregeln wäre die Fed bankrott. Sie kann die Zinspolitik – wie die SNB in der Schweiz – nur durchsetzen, wenn sie die Konten der Banken bei sich verzinst. Da dies deutlich mehr kostet, als die Zentralbank mit ihren Anlagen verdient, führt dies zu massiven Verlusten von rund zehn Milliarden pro Monat. Das Eigenkapital ist bereits aufgezehrt. Die Zahlen wären noch viel schlimmer, wenn die Anlagen zum Marktwert bilanziert würden.
Die Fed beruhigt: Als Zentralbank mache negatives Eigenkapital nichts aus, solange sie glaubwürdig bleibe. Und dies sei sie, weil sie in der langen Frist wieder Gewinne machen werde und die Verluste in der Zwischenzeit im Notfall selbst finanzieren könne. Doch Gewinne wird sie nicht mehr machen, wenn sie den Staat finanzieren muss und dabei keine Inflation verursachen will, und das eigene Finanzieren der Verluste zerstört die Glaubwürdigkeit, auf die sie ihr Argument baut.
Tatsache bleibt, dass die US-Schuldenwirtschaft ein Kartenhaus ist, das nur auf dem – angesichts der Zahlen ungerechtfertigten – weltweiten Vertrauen in den Dollar beruht. Das Ende eines Kartenhauses ist vorgezeichnet. Will die SNB nicht die Kaufkraft des Frankens gefährden, darf sie sich nicht mit ihrer Bilanz von ihm abhängig machen.
Netto sind die USA inzwischen mit rund 18 Billionen Dollar im Ausland verschuldet.