Letztes Jahr fragte ich Philipp Rickenbacher, CEO von Julius Bär, während seiner Keynote, ob die Schweiz nicht besser beraten wäre, wieder verstärkt auf das traditionelle Bankenmodell mit unbeschränkt haftenden Teilhabern zu setzen. Das Debakel bei der Credit Suisse wäre so kaum möglich gewesen. Rickenbacher sah für diesen Ansatz durchaus Potenzial, wenn auch nicht in jedem Fall. Bittere Ironie: Einige Monate später erschütterte der Benko-Skandal sein Institut, und der Bär-Banker verlor seinen Job. Philipp Rickenbacher war ein fähiger CEO und eine integre Persönlichkeit, doch die Struktur seiner Bank wurde ihm zum Verhängnis. Heute existiert das Teilhabermodell in der Schweiz kaum noch. Lediglich fünf Banken – Reichmuth, Rahn + Bodmer, Baumann, Bordier und Gutzwiller – haben Partner, die vollumfänglich haften. Pictet, Lombard Odier und Mirabaud agierten bis 2014 ebenfalls nach diesem Modell und sind auch heute bei der neuen Holdingstruktur noch mit einem grossen Teil des Familienvermögens eingebunden. Andere traditionsreiche Familienbanken, darunter Maerki Baumann und Dreyfuss, operieren seit geraumer Zeit als Kapitalgesellschaften.

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Marc Lussy ist Fintech-Pionier und Partner beim Wealthtech-Start-up Performance Watcher.

Die Diskussionen über neue Entlöhnungsmodelle finde ich frustrierend, denn zielführende Ansätze sehe ich kaum. Der Bankier Karl Reichmuth schreibt in seinem Buch «Weg aus der Finanzkrise», wie es sein sollte, nämlich: «Entscheidung und Haftung sind untrennbar.» Der Fokus liegt heute bei vielen Banken nach wie vor nicht auf nachhaltigem, langfristigem Wachstum. Grosses Ertragspotenzial bedeutet für das Individuum nicht proportional grösseres Risiko. Selbst die positive Auswirkung von Rückzahlungsklauseln bei Bonuszahlungen hält sich aus meiner Sicht in Grenzen. Die negativen Folgen des eigenen Handelns sieht man selten nach ein paar Jahren, und selbst dann sind sie für die eigene Person wenig dramatisch. Renaud de Planta, der einflussreiche ehemalige Senior Partner von Pictet, sagte dazu kürzlich in einem Interview: «Ich lebe heute mit den Konsequenzen von Entscheidungen, die ich vor 26 Jahren mitgetragen habe.» Bankiers wie er setzen bei zu grossen Risiken einen beträchtlichen Teil des Vermögens aufs Spiel.

In Gesprächen mit Geschäftsleitungsmitgliedern von börsennotierten Banken wird das Teilhabermodell oft als überholt abgetan. Selbst bei den verbleibenden Privatbankiers spüre ich eine gewisse Resignation. Das Argument, das Partnermodell tauge nicht für grosse Banken, hält nicht stand. Widerlegt wird diese Behauptung durch Pictet, wo bis 2014 das Teilhabermodell galt. Die Bank ist mit 700 Milliarden an verwaltetem Vermögen die Nummer zwei in der Schweiz. Und in den USA hatten gar Grossbanken wie J.P. Morgan ursprünglich das voll haftende Teilhabermodell. Bei bilanzintensiven Geschäften wird es aufgrund der Komplexität und der Grösse der Risiken schwieriger. Bei unbeschränkter Haftung ist die Motivation, fähige Leute einzustellen, welche diese Risiken verstehen, jedoch wesentlich grösser. Ist die Rückkehr zum Teilhabermodell unkompliziert? Keineswegs. Haben wir andere Optionen, um den Bankensektor nachhaltig zu stabilisieren? Ich denke, nein.

Es ist nicht die Idee, der UBS das voll haftende Teilhabermodell überzustülpen. Aber für das nachhaltige Wachstum des Schweizer Finanzplatzes sollte ein Umfeld geschaffen werden, welches dieses Modell attraktiver macht. Wie weiter? Erstens: Bewusstsein schaffen und das Modell aus dem Schattendasein holen. Zweitens: eine separate Finma-Klassifizierung für voll haftende Privatbanken schaffen. Deren Kunden benötigen weniger Schutz. Die Regulierung sollte entsprechend vereinfacht werden. Drittens: dieses Modell im Parlament und in der Exekutive vorantreiben. Ziel muss sein, dass Bankneugründer auf das Teilhabermodell setzen und Banken, die es einst genutzt haben, dazu zurückkehren.

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