Vor vielen Jahren hat mir ein Privatbankier alter Schule sein Credo anvertraut: «Wir haften für unser Tun und Lassen bis zum letzten Hemd. Das kommt bei unseren Kunden gut an.» Auch Fintech-Pionier Marc Lussy setzte sich in der letzten Ausgabe der BILANZ für ein traditionelles Bankenmodell ein: Er schlägt vor, dass die Gesetzgebung das Bankgeschäft mit unbeschränkt haftenden Teilhabern privilegiert behandeln soll.

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Der Ruf nach unbeschränkter Haftung von Bankmanagern wird in der Schweiz nach jeder Bankenrettung laut. Im Nachgang zur Finanzmarktkrise von 2007/08 verlangten der damalige Nationalrat Johann Schneider-Ammann und der Privatbankier Konrad Hummler gar ein Gesetz, das die unbeschränkte Haftung von Bankmanagern vorgesehen hätte. Das Vorhaben wurde zu Recht nicht umgesetzt.

Daniel Daeniker ist Rechtsanwalt und Partner bei der Wirtschaftskanzlei Homburger AG in Zürich.

Bankiers, die der unbeschränkten Haftung das Wort reden, sind allesamt im klassischen Privatbankengeschäft tätig. Privatbanken betreiben Vermögensverwaltung und Anlageberatung für private und institutionelle Kunden, ein Geschäftsmodell, das als «banque de gestion» bekannt ist. Es ist relativ risikoarm: Eine Privatbank setzt abgesehen vom Effektengeschäft und von allfälligen gedeckten Krediten an ihre Kunden kaum eigenes Kapital ein, und die verwalteten Vermögen erscheinen nicht in der Bilanz. Zudem liegt bei Privatbanken – von der traditionsreichen Rahn+Bodmer bis zum Branchenriesen Pictet – regelmässig das gesamte Kapital in den Händen der Bankierfamilien, die das Geschäft betreiben. Sie tragen damit das ganze unternehmerische Risiko; und damit sind auch ihren Gewinnchancen keine Grenzen gesetzt.

Das Gegenstück zu den «banques de gestion» sind die «banques d’affaires», zu denen auch Universalbanken wie die UBS gehören. Diese Finanzinstitute gehen direkt Bilanzrisiken ein: mit Industriekrediten, Handelsfinanzierungen, Effektenhandel und Kapitalmarkttransaktionen. Sie brauchen Kapital in grossem Stil, das bei einer Vielzahl externer Geldgeber beschafft wird. Die Manager solcher Banken sind gehalten, die Interessen der Eigentümer vor die eigenen zu setzen; und die Gewinne der Bank stehen in erster Linie den Eigentümern zu, womit «banquiers d’affaires» auch nicht die Gewinnchancen von Privatbankiers haben. Eine unbeschränkte Haftung ohne unbeschränkte Gewinnmöglichkeiten gibt es nun aber nicht.

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Das ist allerdings kein Plädoyer für Verantwortungslosigkeit. Wo die Bank oder ihre Kunden geschädigt werden, ist es richtig, dass die fehlbaren Personen dafür den Kopf hinhalten:

—   Die Schweiz ist gut beraten, ein «senior managers regime» britischen Musters einzuführen. Ein solches Regime stellt die Verantwortung der handelnden Personen klar und ermöglicht damit eine bessere Zuordnung der Verantwortlichkeit für unternehmerische Fehler.

—   Wer für ein Fehlverhalten einstehen muss, dem droht der Verfall aufgeschobener Vergütungen, im Extremfall gar ein Berufsverbot. Solche Sanktionen, die den einzelnen Bankier treffen, haben die nötige Abschreckungswirkung, um die ganze Branche zu disziplinieren.

—   Untauglich sind dagegen Bussen (im sperrigen Jargon der Finanzmarktaufsicht Finma «pekuniäre Verwaltungssanktionen» genannt) gegen die Banken selbst. Hier zahlen im Ergebnis die heutigen Aktionäre für Schäden, die frühere, mittlerweile längst weitergezogene Manager verursacht haben. Der Abschreckungseffekt für fehlbare Individuen ist null.

Und es bleibt dabei: Die Forderung nach unbeschränkter Haftung von Bankmanagern ist undifferenziert und damit abzulehnen.