Frau Malik, die Börsen sind auf Rekordjagd. Wie ist es, in einer solchen Phase Chefanlegerin eines grossen Vermögensverwalters zu sein?
Jede Marktphase hat ihre Herausforderungen. Natürlich fragen wir uns auf diesem Niveau, ob wir es halten können. Der Markt scheint derzeit sehr zufrieden. Die Inflation schwächt sich ab, das Soft Landing ist Konsens. Selbst eine Rezession hält der Markt für kein Problem, dann senkt die Fed eben die Zinsen. «Bad news are good news»: So eine Einstellung macht mich immer ein wenig nervös.
Droht eine Korrektur?
Eine vorübergehende, der Markt ist überkauft. Eine Verschnaufpause ist wahrscheinlich. Entscheidend sind die kommenden Quartalsergebnisse. Sehen wir, dass die Tech-Werte fürs zweite Quartal gute Zahlen liefern, dürften die Kurse aber wieder steigen.
Besonders in den USA ist die Rally vor allem von Technologieaktien getragen. Bleibt das so?
Ich denke schon. Technologieaktien entwickeln sich im Unterschied zu Zyklikern überdurchschnittlich gut, wenn sich die Konjunktur abschwächt. Die jüngsten Konsum- daten deuten auf eine Abschwächung hin.
Also nach der Zwischenkorrektur weiterhin Technologieaktien kaufen?
Ja, aber vielleicht nicht die Überflieger. Während Halbleiteraktien seit Jahresbeginn 40 Prozent zulegten, kam die Softwareindustrie an der Börse nicht vom Fleck. Es schadet auch nicht, sich etwas breiter aufzustellen. REITs sind billig und profitieren sogar von stabilen Zinsen. Auch ein Investment in die Emerging Markets kann sich lohnen. Indien, Korea, Taiwan, Japan und Indonesien gefallen uns. Unsicherheitsfaktoren wie Wahlen und die Inflation sind dort bereits kein Thema mehr.
Was halten Sie von Europa?
Nicht so viel. Europa hat mit der Inflation ähnliche Probleme wie die USA, aber deutlich weniger Rückenwind von der Technologie. Der Stellenwert der Technologie ist in dem Zyklus der grosse Vorteil der USA. Der Enthusiasmus an den Märkten geht fast gänzlich auf Technologie und KI zurück.
Wie sind die Aussichten für defensive Titel, wie sie in der Schweiz stark vertreten sind?
Die Käufe von Technologieaktien werden häufig mit Verkäufen von defensiven Aktien finanziert. Nehmen die Investoren bei Technologie den Fuss vom Gas, könnte der Healthcare-Sektor profitieren.
Wie wirkt sich die US-Wahl aus?
Je näher wir an die Wahlen kommen, desto grösser werden die Schwankungen. Aber die Kandidaten stehen fest, so ist die grösste Unsicherheit schon weg. Historisch legten die US-Märkte in Wahljahren elf Prozent zu, das scheint sich wieder zu bewahrheiten.