Der erste Kaffee und die flippige Katze: Dieses Duo steht für einen neuen Geschäftsbereich des Schweizer Autohandelsriesen Emil Frey. Der «Coffee 1» ist ein edler Geländewagen mit mächtigem Kühlergrill und Plug-in-Hybrid-Antrieb, also kombiniertem Verbrenner und Elektro-Maschine, und die «Funky Cat» ein batteriebetriebener Kompaktwagen, der mit seinen runden Frontscheinwerfern und den erhöhten Kotflügeln wie eine freundlich blickende Mischung aus VW Käfer und Porsche 911 daherkommt.
Great Wall ist einer der grossen privaten Autobauer Chinas, wie auch BYD und Geely (der unter anderem Volvo gehört), die im Wettbewerb zu staatlichen Playern wie SAIC, FAW oder Dongfeng stehen. Frey hat sich mit Great Wall «auf eine strategische Partnerschaft für Import und Vertrieb» geeinigt, genauer für die GWM-Marken Ora, die sich auf Lifestyle-Stromer spezialisiert, sowie Wey, die im Premiumsegment antritt. Die Kooperation startet in Deutschland und soll im fest erwarteten Erfolgsfall nach und nach auf weitere Länder ausgeweitet werden.
Marktstart in Deutschland
Wie schnell die Schweiz zum Zug kommt, dürfte aktuell noch nicht feststehen – die Partnerschaft wurde erst vor zwei Wochen bekannt gegeben, noch nicht einmal die Verkaufspreise sollen Hersteller, Importeur Frey und die Vertreter der künftigen Händlergaragen festgelegt haben. Gut möglich, dass im nächsten Wachstumsschritt erst Länder an der Reihe sind, die den Kauf von Elektroautos finanziell fördern; denkbar wären Frankreich oder die Niederlande.
Doch Emil-Frey-CEO Gerhard Schürmann soll intern Zuversicht verbreitet haben, dass sich auch die anspruchsvolle Schweizer Kundschaft von Coffee 1 und Funky Cat überzeugen lässt. Fragen wollte Schürmann weder beantworten noch beantworten lassen, und Inhaber Walter Frey macht sich ohnehin so rar wie menschenmöglich.
Schürmann liess auf sein Statement in der Pressemitteilung verweisen, wonach er festgestellt habe, «dass es viele Schnittmengen zwischen den beiden Unternehmen gibt», und lediglich zur Erklärung mitteilen, damit seien die historischen Parallelen der Gründergeschichten gemeint: Frey und Great Wall wurden beide mit privatem Geld gegründet, auf- und ausgebaut. Emil Frey wird vom Sohn des gleichnamigen Gründers, Walter Frey, geführt. Great Wall ist zwar inzwischen börsenkotiert, wird aber nach wie vor von Gründer Wei Jianjun geleitet, der im internationalen Geschäft als Jack Wey auftritt.
Weitere GWM-Marken wie Haval (Geländewagen) oder Tank (Pick-ups) sind aktuell nicht Teil der Vereinbarung, aber eine Ausweitung der Produktpalette wäre im Erfolgsfall nur logisch. Ob dann in Europa sämtliche Untermarken von Great Wall um Kunden ringen wollen oder sich auf die heute eingeführten Brands konzentrieren, ist eine andere Frage.
Die Premiummarke Wey wird sich nach BILANZ-Informationen deutschlandweit in 50 bis 60 Showrooms präsentieren, bei Ora dürften es vier bis fünf Mal so viele Standorte werden. Noch 2022 will Schürmann rund 3000 Fahrzeuge der beiden Brands absetzen, für die Folgejahre, wenn Great Wall die Europa-Angebotspalette eingeführt hat, sind 15'000 geplant.
Damit winkt für die Frey-Gruppe ein geschätzter Mehrumsatz von etwa einer halben Milliarde Franken; eine schöne Summe, aber für ein 13-Milliarden-Haus keine transformative Grössenordnung. Langfristig sollen Schürmann und sein Deutschland-Chef Wolfgang Kopplin das Potenzial der Great-Wall-Autos bei rund einem Prozent des Neuwagenmarktes verortet haben. Das wären in Deutschland etwa 30'000 Exemplare, am Schweizer Markt rund 3000.
Die Investitionen dürften sehr überschaubar ausfallen: Frey etabliert üblicherweise kleine Teams, die jeweils eine Marke führen, verfügt aber als grösster Autoverkäufer Deutschlands längst über ausgefeilte Logistik inklusive eines riesigen Teilezentrums im zentral gelegenen Friedberg nahe Frankfurt.