In der Gentlemen’s Clinic beim Zürcher Bellevue lassen sich Männer Haare implantieren, Männerbrüste wegmachen und Penisse vergrössern. Genaueres weiss Giuliano Lenz, der mit erst 34 Jahren Inhaber und Leiter der Klinik ist und davor im Rettungsdienst tätig war.
Wie sind Sie zur Schönheitschirurgie gekommen?
Ich wollte erst Medizin studieren. Aber meine Mutter hatte selbst eine Arztpraxis in Konstanz, ich habe den Alltag dort miterlebt. Ich machte dann das Staatsexamen zum Rettungsassistenten in Konstanz. Ich wollte von Menschen gebraucht werden. Der Rettungsdienst ist die ultimative Tätigkeit dafür.
Und wie zur Gentlemen’s Clinic?
Als Social-Media-Manager und Verantwortlicher für Werbung und Marketing. Das war vor fünf Jahren. Ich habe mich zum Klinikmanager hochgearbeitet, nebenbei einen MBA abgeschlossen, und nun bin ich Inhaber.
Also Ihnen gehört die Klinik?
Ja, die beiden Hauptaktionäre haben mir ihre Anteile überlassen. Ich habe sie rausgekauft, und jetzt gehört mir die Klinik seit letztem September zu 100 Prozent.
Sie sind erst 34 Jahre alt. Woher hatten Sie das Geld, wenn ich fragen darf?
Das nennt sich Management Buyout. Ich habe selbst was auf den Tisch gebracht und den Rest finanziert bekommen. Schönheitschirurgie bei Männern hat Potenzial. Ich habe das mit einer Bank gemacht, weil ich keinen Investor wollte, der mir reinredet und dem es nur um Dividenden geht. Ich denke langfristig.
Was kann man in der Gentlemen’s Clinic alles machen lassen?
Wir unterteilen nach verschiedenen Körperzonen: Haare, Körper, Intimbereich, Gesicht, Kosmetik und Longevity. Beim Körper ist das Entfernen von Männerbrüsten der beliebteste Eingriff. Es gibt Männer, die es nicht wagen, bei 30 Grad den Sakko auszuziehen, weil man ihre Männerbrüste sieht und sie sich unwohl fühlen. Oder auch in einem Zoom-Call sieht man den Ausschnitt der Brust. Fällt das weg, ist die Erleichterung bei Männern unbeschreiblich.
Und sonst?
Die Fettabsaugung, am meisten die Fettpolster an den Hüften. Viele Männer stört das, wenn sie ihr Hemd in die Hose stecken. Auch dort liegen die Kosten bei rund 6000 Franken. Dazu kommt die Testosteron-Therapie. Dabei geht es nicht um die Muckibude, sondern dass sich Männer ab einem gewissen Alter weiterhin fit fühlen. Dort verzeichnen wir einen hohen Zulauf. Es geht nicht um «Fitnessziele», sondern darum, das Energielevel zu halten. Das kostet rund 4000 Franken für ein Jahr mit Beratung und ärztlicher Begleitung.
Sie bieten Haartransplantationen an, obwohl die im Ausland oft günstiger sind.
Haartransplantationen sind bei uns sehr gefragt und gehen bei 5800 Franken los. Für alle Männer, die ohne einen solchen Eingriff wieder eine volle Haarpracht haben möchten, bieten wir die PRP-Behandlung an, auch bekannt als Eigenblutbehandlung. Hierbei nimmt man Blut ab, bereitet es auf und injiziert es wieder am Kopf. Das stimuliert das Haarwachstum und reduziert den Haarausfall. Diese PRP-Behandlung machen wir übrigens auch am Penis. Mit der Mikrozirkulation kann die Performance verbessert werden. Das nennt sich P-Shot. Hier liegen wir bei 900 Franken pro Session.
Ist das alles für den Intimbereich?
Nein, wir bieten auch eine Verdickung des Penis mit Filler und Eigenfett an sowie die Verlängerung. Dabei handelt es sich um einen minimalinvasiven chirurgischen Eingriff, der im Dämmerschlaf durchgeführt wird. Die Verdickung mit Fillern kann man in der Mittagspause durchführen und danach direkt zurück ins Büro gehen.
Wie teuer ist das?
Die operative Verdickung liegt bei rund 4500 Franken, in Kombination mit der Verlängerung bei 7200 Franken. Bei den Fillern ist der Preis abhängig von der injizierten Menge. Hier geht es bei 2500 Franken los.
Aber der Penis unterscheidet sich ja vor allem im erigierten oder eben nicht erigierten Zustand …
Es geht oft darum, wenn Männer in der Umkleidekabine in die Dusche gehen und andere Männer und deren Penisse sehen. Es geht um diesen Moment. Oder sie gehen mit der Partnerin oder dem Partner ins Wellness.
Es geht nicht um besseren Sex?
Nein, nicht wirklich. Die Dicke ist ein kleiner Unterschied, aber die Länge nicht. Es geht wie meistens ums Selbstwertgefühl. Deshalb machen das auch Männer mit Ehefrau und drei Kindern zu Hause. Es geht bei Schönheits-OPs nicht um andere, sondern um dich selbst! Die Intimbereichbehandlungen haben sich seit 2021 vervierfacht.
Welche haben noch zugenommen?
Eigentlich alle. Beim Thema Männerbrüste haben wir eine Verdoppelung der Eingriffe in den letzten drei Jahren festgestellt. Die Anzahl der Haartransplantationen hat sich in den letzten vier Jahren verdreifacht.
Obwohl man diese auch im Ausland machen kann.
Bei vielen Männern sind die Bedenken bei einer Behandlung im Ausland gross. Unsere Klienten haben zudem auch schlichtweg keine Zeit und wünschen sich einen Anbieter vor Ort. Im Ausland ist man immer nur eine Nummer, und niemand steigt in den Flieger für eine Nachkontrolle. Fehlende Haare stören, weil man vieles andere verstecken kann. Die Haare nicht. Frauen haben Make-up, Männer haben Bart und Haare. Und wenn sie das nicht mehr haben, helfen sie nach. Corona und die Digitalisierung haben das befeuert.
Die Digitalisierung? Das müssen Sie mir erklären.
Durch all die Videocalls, aber auch durch Instagram, Selfies und all das sehen sich Männer viel mehr selbst als früher. Das hat ihr Bewusstsein bezüglich ihres Aussehens geweckt. Sitzen die Haare richtig? Sie sind selbstsicher, erfolgreich im Beruf, happy mit der Familie, aber trotzdem sagen sie: «Ich war kürzlich bei einer Hochzeit und habe auf einem Foto meinen Kopf von hinten gesehen. Mein Gott, ich sehe aus wie ein alter Mann.» Eine Haartransplantation ist nicht mehr ein Nice-to-have, sondern für viele Männer entscheidend für ihr Auftreten. Haare und Bart beeinflussen primär das Aussehen eines Mannes.
Männer und ihre Verschönerung
Welche Eingriffe bringen am meisten?
Am meisten Lebensqualität in wirklich kurzer Zeit gewinnen Männer mit einer Gynäkomastie-Behandlung, also der Entfernung der Männerbrust. Unsere Gäste wachen nach der Operation auf und sagen: «Wieso habe ich das nicht schon früher gemacht». Diese Behandlung muss man auch nur einmal machen. Bei der Haartransplantation kann es zwar bis zu einem Jahr dauern, um das finale Ergebnis zu sehen, aber wenn dein Haar wieder da ist, sind das Gefühl und die Freiheit, von der uns unsere Gäste berichten, unbeschreiblich. Für Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, gibt es übrigens auch die Möglichkeit, unrasiert zu transplantieren. Dann muss man die Transplantation nicht lange vor der Öffentlichkeit verstecken.
Wer ist Ihr Durchschnittskunde?
Die meisten Männer sind zwischen 35 und 45 Jahre alt. Wir hatten aber auch schon einen 21-Jährigen mit einer Vollglatze. Ein 29-jähriger Rechtsanwalt hatte bei der Nachkontrolle Tränen in den Augen und sagte: «Mir war nicht bewusst, wie sehr mich meine Glatze in meinem Leben beschäftigt hat.» Solche Aussagen motivieren mich für meine Arbeit. Es geht nicht um Eitelkeit, sondern darum, dass man sich wohlfühlt im Leben. Davon gibt es Dutzende Beispiele: Ein Student, der in der Uni immer in der hintersten Reihe sitzt, damit niemand die fehlenden Haare sieht. Oder ein Mann, der im Sommer nicht vom Schwimmfloss springt, weil er denkt, dann sieht man seine Glatze.
Reden wir mal über die Risiken.
Beim Botox-Filler gibt es die klassischen Risiken. Man hat das Problem, dass man in die Arterien reinspritzt, und das kann diese verstopfen, die Haut stirbt ab. Wenn man zu viel Botox spritzt, lähmt es die Gesichtsmuskulatur. Dann hängt die Lippe oder das Augenlid, man kann nicht mehr richtig reden. Oft machen das Kosmetiker, die das gar nicht dürfen. Bei uns macht das ein Facharzt für plastische Chirurgie.
Gibt es eigentlich auch Probleme, die Sie nicht beheben können?
Wenn jemand eine grosse Glatze hat und nicht genügend Haare in der Spenderzone, ist es unmöglich, zu transplantieren. Auch bei einer vermasselten, richtig schlecht durchgeführten Haartransplantation, bei der alle Haare in verschiedene Richtungen schauen, lässt sich nichts mehr machen. Jemand, der zu viel Übergewicht hat, kann nicht einfach eine Fettabsaugung machen, und dann ist das Thema erledigt. Hier empfehlen wir immer zuerst eine natürliche Gewichtsabnahme. Zu viel auf einmal absaugen führt zu schlaffer Haut oder sogar zu grossen Hautlappen und eventuell gesundheitlichen Risiken.
Wie viele Leute behandeln Sie hier pro Tag?
Wir machen zwei bis drei Haartransplantationen pro Tag und dann in der Hochsaison im Oktober, November, Dezember vier bis fünf, im Sommer ein oder zwei.
Also ist das eher wie bei einem Zahnarzt als wie im Unispital.
Wir machen minimalinvasive Eingriffe, die den grössten Effekt haben mit dem kleinsten Aufwand. Deshalb die Spezialisierung auf diese drei Eingriffe: Haartransplantationen, Männerbrüsteentfernungen und Penisvergrösserungen.
Welche Trends beobachten Sie?
Der klare Trend ist Longevity. Also das präventive Behandeln und Vorbeugen von Alterungs- und Ermüdungserscheinungen. Hier bieten wir Infusionen wie unseren Energiebooster gegen Hangover oder gegen Stress und Müdigkeit. Für Longevity ist hier NAD+ der absolute Frontrunner. Es verlangsamt den Alterungsprozess und fördert das Gehirn. Fast schon ein Wundermittel, bei dem die Gäste schon während der Infusion «etwas» spüren. Botox gegen Migräne scheint auch ein Trend auf Instagram zu sein, aber bei den Anmeldungen merken wir davon noch nichts. Intimchirurgie liegt ebenfalls im Trend. Männern war früher nicht klar, dass man überhaupt etwas machen und die Länge oder Dicke des Penis operativ verändern kann.
Ihr Geschäft ist lukrativ. Sind Sie schon selbst Millionär?
Also auf dem Papier, wenn wir jetzt den Vermögenswert betrachten, könnte man sagen, ich bin Millionär. Mir gehört die Klinik zu 100 Prozent. Meinen Lebensstandard habe ich jedoch nicht erhöht. Ich lasse das Geld lieber in der Firma und investiere hier, um das Geschäft von mir unabhängig zu machen. Mein wahrer Luxus ist, Zeit mit meiner dreijährigen Tochter zu verbringen.