Er werde jetzt Unternehmer, Advisor und Verwaltungsrat – «Mission erfüllt», liess Beat Zahnd Ende 2020 verlauten, als er nach den Verkäufen von Globus, Interio und Depot von seinem Posten als Chef des wichtigen Handelsdepartements der Migros zurücktrat und frühzeitig in Pension ging.
Nun zeigt sich, wie Zahnds nächste Mission konkret aussieht. Nach 30 Jahren in der Migros-Welt, unter anderem elf Jahre lang als Chef der Migros Aare, hat er offenbar Appetit auf etwas mehr Disruption. Im Mai ist er beim Ostschweizer Start-up Advertima als Verwaltungsrat eingestiegen und hat sich beteiligt. Die Investition bewege sich in kleiner Grössenordnung, sagt er, er sei eher Mentor denn Investor.
«Nach meiner Migros-Zeit macht es mir grossen Spass, junge Unternehmer zu begleiten und ihnen als Coach zur Seite zu stehen», sagt Zahnd, der sich als Brückenbauer zwischen neuen Technologien und dem traditionellen Detailhandel sieht.
Es ist bereits Zahnds zweites Mandat: Vor einem Jahr ist er beim Berner Start-up namens So Real Digital Twins eingestiegen. Das Unternehmen produziert digitale Zwillinge von realen Produkten, sodass etwa eine Uhr oder ein Sneaker vor dem Kauf im Onlineshop möglichst wirklichkeitsnah erfahrbar wird.
Auf einem etwas anderen Gebiet ist Advertima tätig. Das Unternehmen mit 30 Mitarbeitenden baut etwa Software, damit physische Läden via Screens zielgruppengerecht Werbung schalten können. Tritt ein Kunde oder eine Kundin vor den Monitor, erkennen Sensoren etwa Geschlecht und Alter der Person. In der Schweiz arbeitet Advertima bereits mit dem Lebensmittelhändler Spar und der Apothekenkette TopPharm zusammen. Laut Zahnd stehen derzeit weitere Vertragsabschlüsse in ganz Europa an. «Das Unternehmen steht vor dem grossen Durchstarten», sagt er. «Dies hauteng zu begleiten, ist sehr spannend und bereichernd.»
Ein riesiges Potenzial sieht aktuell auch Mitgründer und CEO Iman Nahvi: «Es ist der nächste logische Schritt, dass physische Läden Marketingmethoden, wie es sie bisher nur im E-Commerce gab, ebenfalls nutzen wollen.» Retailer können sich mit den Werbemöglichkeiten neue Einnahmequellen erschliessen. Dank der Advertima-Technologie sehen sie dann, wie viele Personen wie lange welche Werbung angeschaut haben, und können die Anzeigen entsprechend anpassen.
Das System muss laut Nahvi dafür keine Personendaten speichern, Persönlichkeits- und Datenschutz seien jederzeit gewährleistet. Gemäss einer Boston-Consulting-Studie soll der Markt für Retail Media, wie diese Werbemethode genannt wird, in den nächsten fünf Jahren jeweils um 25 Prozent auf 100 Milliarden Dollar wachsen.
Es sind aber nicht nur Software-Technologien, für die sich Zahnd begeistern kann. So engagiert er sich neu auch beim Zürcher Start-up Nanimale, das «wundervolle Gelati» produziere – «saugut und natürlich vegan». Es wird wohl nicht sein letztes Engagement sein. «Ich bin noch immer voller unternehmerischem Drang, Neues entstehen zu lassen.»