Als CS-Chef gab sich Tidjane Thiam gegenüber der Finma handzahm. Während UBS-Chef Sergio Ermotti den Aufsehern schon mal Kontra gab, zeigte sich Thiam stets geschmeidig. Dafür gestatteten ihm die Aufseher kreativere Eigenkapitalberechnungen als dem Rivalen und eine Fantasie-Sanierungsbuchhaltung, die ihm bei der Bonusgestaltung mehr als zehn Millionen Franken aufs Konto spülte. Und sie tolerierte eine Schwächung des Risikomanagements, ausgelöst durch zu starke Sparmassnahmen bei den Kontrollfunktionen und die Fragmentierung der Bank. Die Grossunfälle Greensill und Archegos waren die Folge. Sie schickten die Bank auf eine abschüssige Bahn in den Untergang.

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Doch von all dem ist in dem 89-seitigen Rechtfertigungsbericht der von Marlene Amstad präsidierten Finma mit dem Titel «Lessons Learned aus der CS-Krise» praktisch nichts zu finden. Dass die entscheidende Phase des CS-Niedergangs mit der Berufung des Nicht-Bankers Thiam an die Konzernspitze 2015 begann, hat nicht nur die UBS-interne Analyse ergeben. Auch die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) will primär die Phase ab 2015 untersuchen.

Rabiate Methoden bei der Credit Suisse

Einen Stich gönnen sich die Aufseher aber gegen Thiam. Kurz nach der Verkündung seines Umbauplans Ende 2015 produzierte der New Yorker CS-Handelsraum einen Milliardenverlust, der Kurs brach um 30 Prozent ein. Dies, so die Finma, habe auch an dem Weg gelegen, auf dem «die Informationen an die Öffentlichkeit gelangten». Es war eine sehr spezielle Kommunikation: Thiam, der als Investmentbanking-Amateur dastand, lancierte eine Attacke gegen die eigenen Mitarbeiter. Er liess sein Kommunikationsteam interne Mails seiner Investmentbanker in ausgewählten Medien platzieren – ein absolutes No-Go. Für die Mitarbeiter war es das Signal, dass der neue Chef unter Druck zu rabiaten Methoden griff.

Und es war nur der Anfang: Thiam setzte Detektive auf eigene Mitarbeiter an. Sein Untergebener Iqbal Khan sah sich von ihm bei einem legendären Nachbarschaftsabend physisch so stark bedroht, dass er die Polizei einschaltete. Als es in der Spionage-Affäre um Khan zu Vorwürfen gegen Thiam kam, lancierte sein Team gegen den Willen der Beteiligten und gegen die Vertraulichkeitsabmachungen den Namen des Detektivbüros, woraufhin es zu einem Selbstmord kam. Es herrschte ein Geist der Skrupellosigkeit in Thiams Zirkel, der in der Bankenwelt einmalig war. Dass sich Thiam Bodyguards leistete, passte ins Bild.

Präsidentschaftskandidatur in der Elfenbeinküste

Die Pointe daran: Jetzt setzt sich der 61-Jährige selbst dieser Kultur aus. Denn obwohl er es bislang ausgeschlossen hatte, kehrt er in die politische Arena seines Heimatlandes Elfenbeinküste zurück und will dort Präsident werden. Bislang betrieb er mit seinem langjährigen Mitstreiter Adam Gishen, auch als CS-Kommunikator sein Mann fürs Grobe, die Investmentfirma Freedom Acquisition in London. Doch das war nicht die ganz grosse Bühne.

Er sei aber nervös wegen der Gewalttätigkeit der ivorischen Politik, wo persönliche Bedrohungen häufig sein, zitiert die «Financial Times» einen Berater: «Er hat Angst um seine Sicherheit.» Der Mann, der die rabiaten Methoden seines Heimatlandes in die Schweiz brachte, fürchtet sie nun selbst.