Es gibt wohl keine Frage, die mir häufiger gestellt wird: Warum sind die steigenden Krankenkassenprämien nicht Teil der Inflation? Ich bin mir nicht immer sicher, ob meine Erklärungen überzeugen. Es scheint ein verbreitetes Unbehagen zu bestehen. Ist die Nichtberücksichtigung dieser Prämien nicht gerade ein Beweis dafür, dass die Behörden vertuschen, dass die tatsächliche Inflation viel höher liegt als offiziell ausgewiesen?

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Geldtheorie kann manchmal schwer verständlich sein. Doch das ist hier nicht das Problem. Es ist nicht ein falsches Verständnis der Inflationsmessung, das die Irritationen verursacht. Das Problem liegt im Verständnis dessen, was Gesundheit ist und wie für sie bezahlt wird. 

Adriel Jost ist Ex-SNB-Mitarbeiter, Fellow am Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern und Präsident des Thinktanks Liberethica.

Das Verständnis eines grossen Teils der Bevölkerung scheint zu sein: Ich erhalte das Produkt «Gesundheit» für eine Flat Rate. Damit ich gesund bin, zahle ich monatlich eine fixe Prämie. Wenn man so denkt, ist tatsächlich nicht nachvollziehbar, warum die Krankenkassenprämien nicht Teil der Inflationsrate sind. Denn dieses Produkt, meine Gesundheit, kostet mich immer mehr. Also müsste sich dessen steigender Preis auch in der Inflationsrate widerspiegeln – so wie sich auch steigende Preise für ein All-inclusive-Hotel in der Inflationsrate widerspiegeln.

Der springende Punkt dabei ist, dass Gesundheit kein fixes Produkt ist, sondern aus dem Konsum vieler verschiedener Produkte und Dienstleistungen besteht. Die Bevölkerung gibt einen immer höheren Anteil des Budgets dafür aus. Lagen die Gesundheitsausgaben eines Haushalts in den 1960er Jahren noch bei gut 4 Prozent der gesamten Ausgaben, macht dieser Anteil heute knapp 16 Prozent aus.

Die steigenden Krankenkassenprämien reflektieren diesen steigenden Anteil der Gesundheitsausgaben. Die Inflationsrate misst derweil aber – zu Recht – nur, wie viele Güter der Gesundheitspflege für 100 Franken erworben werden können. Die Antwort ist überraschenderweise: immer noch ähnlich viele wie vor 30 Jahren.

Nur konsumieren wir immer mehr davon. Denn was heisst schon «Gesundheit»? Die Gesundheit lässt sich immer optimieren. Wer verzichtet bei Krankheit freiwillig auf die neuste, beste Methode? Logisch, dass es bei einer Flat Rate einen Überkonsum gibt. Im Gegensatz zum All-inclusive-Hotel, wo zusätzlicher Konsum am Buffet ab einem gewissen Punkt zu Unwohlsein führt, ist die Nachfrage nach Gesundheitsgütern praktisch unendlich.

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Logisch ist dabei aber auch, dass die Krankenkassen den Preis der Flat Rate dauernd erhöhen müssen, um die Gesamtkosten zu decken. Angesichts des technologischen Fortschritts und der demografischen Entwicklung kann es nur eine Lösung geben, um diese Spirale zu durchbrechen: weg von der Flat Rate – dem unbeschränkten Konsum bei gleichem Preis –, hin zu einem System, in dem man den Konsum im Portemonnaie wieder spürt. Sprich, die Franchise, also die Selbstbeteiligung an den Kosten, müsste deutlich erhöht werden.

Solidarität bleibt aber wichtig. Die Schweiz ist auch darum erfolgreich, weil alle Bevölkerungsschichten Zugang zur Spitzenmedizin haben. Wenn wir dies weiterhin ermöglichen wollen, kann eine Franchise nur in dem Masse erhöht werden, wie die Selbstbeteiligung bezahlbar ist. Einkommensabhängige Franchisen entsprechen dieser Idee. Bis zu einer Limite von zehn Prozent des Einkommens ist es einem grossen Teil der Bevölkerung zuzumuten, für den gesundheitlichen Konsum die Rechnung selbst zu begleichen.

Die Krankenkassenprämien würden dadurch massiv sinken. Und Verschwörungstheorien zur Inflation hätten eine Grundlage weniger.