Man kann Bundesbern oder dem Bundesrat im Speziellen sicher vieles vorwerfen – nicht aber, dass er (das Gremium) seine Gleichstellungsziele nicht ernst genug verfolgen würde: In der Liga an Top-Positionen, die von der Politik besetzt werden, kommen immer mehr Frauen zum Zug: So ist Laura Melusine Baudenbacher seit Jahresbeginn Präsidentin der Wettbewerbskommission; sie folgte Andreas Heinemann nach. Zum April avanciert die Finanzexpertin Tamara Pfammatter zur Direktorin der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), als Nachfolgerin von Adrian Hug. Und seit bereits einem halben Jahr amtet Helene Budliger Artieda als Staatssekretärin für Wirtschaft, besetzt also einen weiteren Top-Posten der Schweiz. Sie folgte allerdings einer Frau: Vor ihr führte Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch das Seco.
23 Prozent der Topkader im öffentlichen Sektor sind bereits Frauen. Damit ist die Gleichstellung hier weiter als in der freien Wirtschaft.
Schon etwas länger sitzt Marlene Amstad im Präsidentinnenstuhl der Finanzaufsicht Finma: Sie löste vor gut zwei Jahren den abtretenden Thomas Bauer ab.
Direkt in der Bundesverwaltung wimmelt es sogar von Frauen in der Leitung. Allein das Aussenamt EDA zählt drei Direktorinnen und natürlich mit Livia Leu eine waschechte Staatssekretärin, jeweils drei Frauen sind ganz oben bei den Departementen Finanzen, Inneres, Justiz und Wirtschaft.
Bei Verbänden lässt sich hingegen Nachholbedarf verorten: Zwar sind sowohl bei Economiesuisse mit Monika Rühl als Geschäftsleiterin als auch bei der Grossgewerkschaft Unia mit Vania Alleva als Präsidentin Frauen im Driver’s Seat, dazu beim Markenverband Promarca die rührige Anastasia Li-Treyer in einer Women-only-Geschäftsstelle, doch ansonsten sind Frauen eher untervertreten. Hier allerdings hat der Bund auch nichts zu melden. Und das Personal für die Verbandsleitungen rekrutiert sich ja häufig aus Unternehmen, wo wiederum die installierte Basis an Managerinnen prozentual geringer ist als beim Bund – wo es viele Sozial- und Geisteswissenschaftlerinnen hinzieht, während die naturwissenschaftlichen Fächer und die darauf folgenden Karrieren in der Wirtschaft immer noch eher Domäne männlicher Studenten sind.
Dass die öffentlichen Arbeitgeber gezielt Karrieren von Frauen fördern, lässt sich auch im neuesten Report des Headhunters Guido Schilling nachlesen: Während der «Public Sector» 23 Prozent weibliche Topkader beschäftigt, sind es in den Geschäftsleitungen privater Arbeitgeber nur 17 Prozent. Die Privaten holen auf, aber sind längst nicht auf dem Level der Öffentlichen.
Dass unter diesen der Bund eine Vorreiterrolle einnimmt, bestätigt der Report ebenfalls – der Frauenanteil im oberen Segment liegt bei 38 Prozent, neu wird jede zweite Chefstelle mit einer Frau besetzt; bei den Kantonen sind die Werte deutlich schwächer.
Ihre Ideale bemüht sich die inoffizielle Gleichstellungsbeauftragte des Bundesrats, Viola Amherd, auf den Sport auszuweiten. Ihr Ziel: mehr Führungsfrauen in Verbänden und Vereinen. Weil die jedoch Mühe haben, überhaupt Freiwillige zu finden, die sich Ämter antun wollen, beschränkte Amherd ihr 40-Prozent-Ziel für Frauen in den Leitungsgremien notgedrungen auf die nationalen Sportverbände und Swiss Olympic. Aber ein Anfang ist gemacht.