Die Corona-Jahre waren bitter, doch nun sind die Voraussetzungen günstig wie selten: Die Swiss steuert 2023 auf ein Rekordjahr zu. Die Zutaten dafür: Ein unerwartet grosser Nachholbedarf der Menschen nach Ferienreisen trifft auf eine nach wie vor kleinere Kapazität als vor Corona; bei der Swiss liegt dieser Wert derzeit bei rund 85 Prozent.

Zwar sind die Geschäftsreisen erst bei gut 60 Prozent des Vorkrisenniveaus, und es ist gemäss Experten auch fraglich, ob dieses Niveau jemals wieder erreicht wird; Videokonferenzen lassen grüssen. Dafür ist die Nachfrage nach Urlaubsreisen, gerade im wichtigen Premium-Segment, sehr stark – begrenzte Kapazität bei hoher Nachfrage ergibt einträgliche Ticketpreise, diese dürften im ersten Halbjahr geschätzt bis zu einem Fünftel über dem normalen Niveau liegen.

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Hinzu kommen gesunkene Kosten bei der Swiss: Diverse Sparmassnahmen und die «Redimensionierung» beim Personal haben dafür gesorgt, dass die Swiss in den aktuell steilen Aufschwung mit einer tiefen Kostenbasis startet; sie dürfte etwa um ein Fünftel kleiner sein als vor Corona.

Geschmackvolle Einnahmen und niedrige Kosten: das Dream Team jeder Gewinn- und Verlustrechnung. Zwar stehen nicht alle Zeichen auf Grün, weil etwa das Cargo-Geschäft nachgelassen hat. Aber die Ausgangslage ist doch so gut, dass die Swiss auf ein Rekordjahr beim operativen Ergebnis zusteuert, sollte dieses Jahr keine unerwarteten und unvorhersehbaren Rückschläge mehr bringen: Der bisherige Rekord lag bei 686 Millionen Euro auf Stufe Ebit, inklusive der Schwester Edelweiss Air; er stammt von 2018.

Im laufenden Jahr könnten sich CEO Dieter Vranckx und Finanzchef Markus Binkert womöglich über 750 Millionen oder gar einiges mehr freuen, raunen Insider in der Lufthansa-Konzernzentrale – und spötteln, die Swiss müsse sich allmählich überlegen, was sie mit dem Geld anfangen könnte.

Die Swiss wollte keine Stellung nehmen, dementierte aber, dass es Planzahlen oder Budgets in dieser Richtung gebe, und betonte, es sei für solche Prognosen ohnehin viel zu früh, weil das Sommerquartal, in dem die meisten Einnahmen anfallen, noch vor uns liege. Allerdings haben Fluglinien bereits Monate im Voraus gute Einblicke, wie die Buchungszahlen ihrer wichtigen Langstreckenflüge aussehen werden. Dass die Swiss auf ein hervorragendes Jahr zusteuert, sagt ein Insider, sei natürlich auch dem Swiss-Management bewusst.

Gelegenheiten, zusätzliche Einkünfte geschmackvoll zu investieren, gäbe es genügend: Die Kabinenbesatzungen fordern einen lukrativeren GAV, und neue Langstreckenflieger sind bestellt – insofern steigen auch die Kosten wieder. Ob die Swiss zusätzliche Gewinne behalten darf, entscheidet letztlich Eigentümer Lufthansa. Doch die war stets grosszügig mit ihrer gewinnträchtigsten Konzerntochter.