Er lässt keinen Stein auf dem anderen: Der Schweizer Daniel Grieder krempelt den deutschen Bekleidungskonzern Hugo Boss tiefgreifend um. Sein Vor-Vorgänger als CEO, Claus-Dietrich Lahrs, der inzwischen die Marke s.Oliver führt, setzte vor allem auf konzerneigene Filialen, wie er es als Topmanager bei Dior und Louis Vuitton gelernt hatte. Doch die kostspielige Strategie der Expansion via eigene Verkaufsstellen scheiterte; Lahrs musste gehen.
Sein Nachfolger, der vorherige Finanzchef Mark Langer, konnte inhaltlich keine Akzente setzen. Er musste vor allem sparen, etwa im Marketing.Grieder dreht nun alles um. Er will nicht nur ein gutes Zehntel der rund 450 eigenen Stores dichtmachen, sondern zugleich das Geschäft mit anderen Modeverkäufern und in Franchise von Dritten betriebenen Boss-Läden bis 2025 auf rund eine Milliarde Euro Volumen steigern, 2021 lag dieser Umsatzanteil noch bei 650 Millionen.
Aktuell existieren rund 250 Boss-Läden, die von Franchisepartnern betrieben werden; Expansion in diesem Vertriebskanal kommt deutlich günstiger als die Eröffnung eigener Stores. Offenbar sollen vor allem Märkte östlich von Europa intensiver bearbeitet werden.Daneben investiert Grieder wieder mit Macht ins Marketing: Das runderneuerte Logo stellte er bei den Weltcup-Skirennen im österreichischen Kitzbühel vor, wo es im Zielbereich, auf Gondeln, LED-Schirmen und sogar Flaggen auf der Strecke quasi omnipräsent war.
Zudem setzt Grieder stark auf Kampagnen in den sozialen Medien und hat dafür diverse sogenannte «Influencer» engagiert. Und wie schon bei seinem früheren Arbeitgeber Tommy Hilfiger treibt Grieder mit Hochdruck die Digitalisierung des Geschäfts voran. Die Verkäufe über den Onlineshop lagen vor seinem Antritt bei kümmerlichen 10 Prozent Umsatzanteil. 2021 sind sie bereits auf 20 Prozent gestiegen, und 2025 sollen sie auf 30 Prozent geklettert sein; der runderneuerte Onlineshop stellt die von Grieder zu Boss-Leitfarben erklärten Farben Weiss, Schwarz und Camel in den Vordergrund.
Daniel Grieder hat mit Boss viel vor. Die Zielmarke für 2025 lautet: Gewinnmarge auf Stufe Ebit bei 12 Prozent – nach Corona ehrgeizig, doch hat der Konzern das auch früher schon geschafft, vor zehn Jahren lagen die Margen nördlich von 18 Prozent. Vor allem aber will Grieder den Umsatz auf vier Milliarden Euro steigern.
4 Milliarden
Euro Umsatz soll Boss im Jahr 2025 machen.
Davon ist der Konzern noch weit entfernt.
Das wäre Rekord – und doppelt so viel wie im Corona-Jahr 2020.Erreichen will er das mit mehr Casual-Kleidung. Zwar wird der klassische Anzug, für den die Marke Boss steht wie keine andere Herrenmarke, nicht verschwinden, es wird auch Anzüge aus neuartigen Stoffen geben, die das Tragen angenehmer machen. Das meiste Potenzial ortet Grieder jedoch im Bequem-Bereich. Auch die Frauenlinie, bisher ein dauerhaftes Problemkind, soll zum Aufschwung beitragen. Dazu hat Grieder als neuen Designchef Marco Falcioni verpflichtet, der bisherige «Chief Brand Officer» mit Konzernleitungsrang Ingo Wilts hat Boss bereits verlassen.