Haben Sie in der Schweiz schon einmal einen Waschbären gesehen? In freier Natur, meine ich, nicht in einem Tierpark oder Zoo. Nein, haben Sie kaum. Nur wenige dieser putzigen Kerlchen mit dem geringelten Schwanz leben bisher in der Schweiz.
Kürzlich ist ein Waschbär in Appenzell in ein Mehrf0amilienhaus eingestiegen. Er schnappte sich dort ein paar Brotreste und schmiss im Übermut eine Weinflasche um. Das sollte üble Folgen haben, wie wir noch sehen werden.
Wir reden über Migration
Der Waschbär ist ein Neozoon. Als Neozoon bezeichnet man eine gebietsfremde Kreatur, die nicht aus unserem Habitat stammt. Der Waschbär, der aus Nordamerika einwanderte, ist bei uns deshalb eine verbotene Spezies und darf jederzeit getötet werden.
Sie merken schon, wir reden heute über Migrationspolitik.
Anders gefragt: Haben Sie in der Schweiz schon einmal eine Burkaträgerin gesehen? In freier Natur, meine ich. Nein, haben Sie kaum.
Burkaträgerinnen sind auch so etwas wie Neozoen. Sie sind, ohne Zweifel, eine Art Fremdkörper in unserem Lebensumfeld. Darin unterscheiden sie sich nicht allzu sehr von Waschbären.
Der Unterschied ist, dass Waschbären nur an biologischen und nicht an politischen Einwanderungskriterien gemessen werden. Die Volksabstimmung über das Verhüllungsverbot ist eine politische Entscheidung, ob strenge Musliminnen, trotz fremder Sitten, eine Chance auf gesellschaftliche Akzeptanz in einem historisch wenig kompatiblen Umfeld haben. Die kleinen Waschbären haben diese Chance nicht.
Ich habe mal Biologie studiert und kenne mich darum in dieser Branche etwas aus. Viele Biologen und Zoologen, vor allem die Verhaltensforscher, haben ein eher konservatives politisches Verständnis. Sie sind keine Freunde von Multikulti, also einer liberalen und offenen Migrationspolitik.
Oftmals, so die Erfahrung von Biologen, enden Immigration und Willkommenskultur in einem Desaster.
«Im Viktoriasee wuchsen die netten kleinen Nilbarsche zu Killer-Monstern von zwei Metern Länge und 200 Kilogramm Gewicht heran.»
Autor Kurt W. Zimmermann
Ein berühmtes Beispiel für eine missglückte Zuwanderung ist etwa der Nilbarsch, der in den sechziger Jahren im Viktoriasee angesiedelt wurde. Die Nilbarsche waren zuvor nette Süsswasserfische, die etwa 85 Zentimeter gross wurden. Im Viktoriasee wuchsen sie in kürzester Zeit zu Killer-Monstern von zwei Metern Länge und 200 Kilogramm Gewicht heran, die praktisch alle anderen Fischarten vernichteten.
Der Nilbarsch gehört seitdem auf die Liste der gefährlichsten Invasoren des Tierreichs. Es gibt die Liste der «100 of the World’s Worst Invasive Alien Species», die von der Weltnaturschutzunion erstellt wird, sowie die «Unionsliste invasiver Arten» der EU. Sie nennen die Eindringlinge, die zu einer existenziellen Bedrohung eines Lebensraums werden, wenn man sie dort frei einwandern lässt.
Biologische Notwehr
Es sind die Viecher, die in fremde Regionen vordringen und dort für Chaos und soziale Spannungen sorgen. Auf der Liste steht etwa der Europäische Rothirsch, der nun Südamerika und Australien überrollt und gewaltige Schäden anrichtet. Die südamerikanische Biberratte dringt in Deutschland und Holland immer weiter vor und zerstört die Wasserläufe. Das Grauhörnchen aus Amerika hat vor allem Grossbritannien überrannt. Es ist weniger scheu und viel aggressiver als heimische Eichhörnchen und verdrängt diese darum.
Auch der Waschbär ist auf der Liste. Als er in Appenzell in das Haus eingedrungen war, eilte der Wildhüter sofort herbei und erschoss den kleinen Waschbären mit seinem Gewehr. Biologisch betrachtet handelte er aus Notwehr.
Kurt W. Zimmermann ist Verlagsunternehmer, Kolumnist und Buchautor zu den Themen Medien, Biologie und Outdoor-Sport.