Wenn Sie, was ich sehr hoffe, zu den regelmässigen Lesern des «Crashtest» gehören, ist es Ihnen vielleicht aufgefallen: Tablet-Rechner habe ich hier schon lange nicht mehr besprochen, und auch Notebooks sind selten. Dies, weil es in beiden Kategorien kaum noch Neuerungen gibt, die über mehr Leistung oder mehr Speicher hinausgehen. Zumindest die letzten Jahre. Und dann kommt Lenovo um die Ecke mit dem X1 Fold – und definiert beide Kategorien ein Stück weit neu.
Der X1 wird als «der weltweit erste faltbare Laptop» beworben. Tatsächlich lässt sich sein 13,3-Zoll-Display in der Mitte knicken. Zusammengelegt ist der X1 dann nur etwas grösser als ein DIN-A5-Blatt und rund 2,5 Zentimeter dick – zu gross für die Westen- oder Hosentasche, aber passend für die Hand- oder Aktentasche. Das Scharnier schliesst dabei nicht bündig, sondern lässt zwischen den Bildschirmhälften einen Spalt offen. Was wie technisches Unvermögen erscheint, ist in Wirklichkeit genial: In der dünnen Lücke findet die Bluetooth-Tastatur Platz – und wird dort gleich aufgeladen. Die Tastatur ist zwar relativ klein, aber brauchbar. Vor allem lässt sie sich auch magnetisch auf der unteren Bildschirmhälfte fixieren: Dann ist nur der obere Teil des Schirms sichtbar, das Gerät wird so zum – etwas kleineren – Notebook. Jammerschade aber, dass es den X1 nur mit US-Tastatur gibt.
Natürlich kann man das Windows-10-Gerät auch ohne Tastatur als Tablet benutzen, mitgeliefert wird dazu ein Digipen. Und der grosse Screen auf kleinem Raum ist praktisch etwa beim Filmeschauen im Flugzeug (fliegen, Sie mögen sich erinnern, war mal ziemlich wichtig, damals in einem anderen Zeitalter, vor einem Jahr). Der OLED-Screen steckt dabei hinter einer Plastikfolie, überzeugt aber dennoch in Sachen Farben und Kontrast. Auch der Falz in der Mitte stört nicht wirklich. Für brauchbaren Sound sorgen ein Atmos-Lautsprechersystem und bei Konferenzen vier Mikrofone. Was mir gefällt: Das Gerät ist mit 970 g (1150 g inklusive Tastatur) ein Leichtgewicht, die Kunstleder-Hülle gibt ihm ein edles Finish. Die inneren Werte (Core-5-Prozessor, 8 GB RAM, 256 GB SSD) sind dann eher Durchschnitt, aber für Büroarbeiten völlig genügend, und der Akku bringt Sie bequem durch den Arbeitstag.
Fazit: Ich habe schon lange nicht mehr ein so durchdachtes Gerät gesehen. Punktabzug gibts nur für die US-Tastatur. Wegen des heftigen Preises wird der X1 Fold wohl ein Nischengerät bleiben. Aber, hey, technologische Avantgarde zu sein, war schon immer etwas teurer!
*★ Technoschrott, ★★ verzichtbar, ★★★ nice to have, ★★★★ cool, ★★★★★ wegweisend
Marc Kowalsky (45) ist ein Early Digital Immigrant: Seit über 30 Jahren fühlt er den neusten IT-Produkten auf den Zahn.