Eines muss man Ex-CS-Chef Tidjane Thiam lassen: Wie er es immer wieder schafft, sich bei der Aufarbeitung des CS-Debakels als Opfer und nicht als Täter zu positionieren, ist hohe Schule. Jüngstes Beispiel: das Buch «Meltdown» des Bloomberg-Journalisten Duncan Mavin.
Gerade 29 Seiten widmet es der finalen Phase des Untergangs zwischen Oktober 2022 und März 2023, mit praktisch keinen neuen Erkenntnissen. Der Phase Thiam werden dagegen 60 Seiten eingeräumt, und es ist offensichtich, dass Thiam die Gelegenheit nutzte, sich ins rechte Licht zu rücken: Autor Mavin, der nie in der Schweiz gelebt hat, übernimmt willfährig die Sichtweise, dass «Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Snobismus» die Gründe für die Kritik an Thiam seien. Belege: Fehlanzeige. Dass er an dem CS-Aus keine Schuld trage, hatte Thiam bereits vier Tage nach dem Aus in der «Financial Times» behauptet.
Die Fakten, dargelegt in dem BILANZ-Buch «Zu hart am Wind» vom August 2023, sprechen eine andere Sprache. Es waren die Grossunfälle Greensill und Archegos vom Frühjahr 2021, die die CS final auf die abschüssige Bahn schickten und sie zum kranken Mann des globalen Bankings machten, der 18 Monate später von einem Bankrun heimgesucht wurde. Und für beide Fälle trägt Thiam grosse Verantwortung: Er setzte die überforderte Lara Warner als Risikochefin ein – sie überstimmte ihre eigenen Risikomanager, die vor einer weiteren Kreditvergabe an Greensill warnten, und schwächte das Risikomanagement massiv. Und der Archegos-Fall geht direkt auf die Attacke Thiams auf das New Yorker Investmentbanking Anfang 2016 zurück: Die Kontrollen wurden ausgedünnt, erfahrene Leute verliessen die Bank. «Niemand bei der Bank schien die Risiken ernsthaft einschätzen zu können», hielt der Bericht der Kanzlei Paul, Weiss fest.
Auslöser war der untaugliche Umbauplan, den der Versicherungsmann Thiam nach einer regionalen Assekuranzlogik bei seinem Antritt 2015 präsentiert hatte und der nicht nur von vielen CS-Schlüsselleuten, sondern auch von den UBS-Spitzen Colm Kelleher und Sergio Ermotti als Startpunkt des Untergangs gesehen wird. Auch die PUK ermittelte ab 2015. Besonders schön: Thiam will diesen Plan mit dem Ende der «One Bank» gar nicht selbst erfunden haben, wie er via Mavin ausrichten lässt: Er stamme doch vom damaligen Präsidenten Urs Rohner. Es waren eben immer die anderen.