Die Lage ist unübersichtlich, aber die Rauchzeichen deutlich: In der Sandoz-Familienstiftung rumort es gewaltig. Stiftungszweck der 1964 gegründeten Stiftung ist einerseits, die Begünstigten, sprich die Erben, wirtschaftlich zu versorgen, und andererseits, als Investorin Unternehmertum und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern sowie sich als Mäzenin in Kultur und Wissenschaft zu betätigen.
Doch bei den als Investorin gehaltenen Beteiligungen hat ein Ausverkauf eingesetzt. Das Druckereigeschäft, eins von drei Standbeinen, wurde abgestossen.
Für das zweite Standbein, die Uhrenherstellung rund um die Marke Parmigiani Fleurier, werden Käufer gesucht. Einige Teilezulieferer im Portfolio wie der Werkehersteller Vaucher, der auch für Audemars Piguet arbeitet, gelten als gesund, Parmigiani selbst gilt jedoch als hochdefizitär, wie die Zeitung «Le Temps» berichtet.
Die dritte Säule, das Hotelgeschäft, leidet stark unter Corona, und die edlen Häuser im Portfolio, darunter das «Beau-Rivage Palace» in Lausanne oder das «Riffelalp Resort» ob Zermatt, sind teuer im Unterhalt – nicht überraschend, dass auch hier Gerüchte über Verkaufsabsichten kursieren. Doch das Hotelgeschäft, sagt Stiftungssprecher Jörg Denzler, «steht nicht zur Disposition».
Der Doyen der Erbenfamilie
PIERRE LANDOLT dominierte viele Jahre als Clanchef Familie und Stiftung. 2018 zog er sich altershalber zurück.
Während sich die Stiftung von Vermögenswerten trennt, stellt sich auf der anderen Seite die Frage, was sie mit den Einnahmen aus ihrem 3,66-Prozent-Paket an Novartis-Aktien macht – ihrem wichtigsten Besitz, gehalten über die Tochtergesellschaft Emasan. Das Paket wirft Jahr für Jahr hohe Dividenden ab, zuletzt für 2020 satte 267 Millionen Franken. Doch von neuen Investments fehlt jede Spur – und die Stiftung schweigt sich dazu aus.
Überraschender Aufstieg
Was Beobachter vor allem erstaunt: Der rasante Aufstieg der Juristin Monika Matti in dem komplizierten Stiftungsgeflecht – es gibt nicht «die», sondern zwei Familienstiftungen, die ursprüngliche mit Sitz in Glarus, eine später gegründete in Vaduz sowie das «Sandoz Family Office».
In Letzteres trat Matti 2015 ein, offenbar portiert von einem Teil der Erbenfamilie, nach einer Karriere im diplomatischen Dienst, bei Novartis als Mitarbeiterin von Daniel Vasella und zuletzt einem kurzen Gastspiel als General Counsel beim Pharmakonzern Vifor. Kenntnisse in der Verwaltung eines Stiftungsvermögens, das mutmasslich bei nahezu zehn Milliarden Franken liegt, sind auch für Insider keine ersichtlich.
Doch Matti stieg inzwischen, nachdem der langjährige Leitwolf der Familie, Pierre Landolt, altershalber seine Ämter aufgegeben hatte, zur zentralen Figur auf – in den Stiftungen, als Präsidentin des Family Office oder Verwaltungsrätin der Emasan.
Ein Teil der Erbenfamilie gilt als Förderer Mattis, andere fürchten, die Kontrolle verloren zu haben. Die Motivlage der Beteiligten ist unklar, allerdings üben angeblich diverse der zwölf Begünstigten der Stiftung keine Berufe aus, sondern leben von den umfangreichen Ausschüttungen. Ein Insider spricht von «beträchtlicher Nervosität» innerhalb der Erbenfamilie.