Er war stets gegen einen eigenen Onlineshop. Chicorée-Inhaber Jörg Weber befürchtete, damit seine stationären Filialen zu kannibalisieren und die Mitarbeiterinnen in den Läden zu brüskieren. Auch glaubte er nicht, dass ein Onlineshop im Modediscount profitabel zu betreiben sei. Doch im vergangenen Jahr übergab der inzwischen 67-jährige Gründer mehr Verantwortung an seine Söhne und zog sich in den Verwaltungsrat zurück.

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Pascal Weber (34) führt nun die Bereiche Digital sowie Marketing, und Mathias (32) verantwortet den Europa-Einkauf der Modekette, die den grössten Anteil der Kollektion aus Fernost bezieht. An ihrer Seite als Co-CEO amtet für die Übergangsphase Thomas Ullmann, der schon seit drei Dekaden im Unternehmen ist.

«Da wir jetzt das Ruder übernehmen, haben wir entschieden, eine Onlinepräsenz aufzubauen», sagt Pascal Weber. Im Mai 2022 startete Chicorée erstmals mit sogenannten Flash Sales – limitierten Rabattaktionen, die es einmal im Monat für einen Tag nur online gibt. Das war der Startschuss in den E-Commerce.

Am Chicorée-Sitz in Dietikon tüftelt inzwischen ein sechsköpfiges Digitalteam am Onlineauftritt und an der App von Chicorée, die bereits 190'000 Kunden nutzen. Viele davon schauen täglich hinein, etwa um zu sehen, welche Teile in welchen Filialen verfügbar sind, oder sie sammeln Rabattpunkte in den integrierten Games.

184 Millionen Franken

hat der Modediscounter letztes Jahr umgesetzt. Nun sollen es 200 Millionen werden.

Doch Flash Sales und App sind Pascal Weber nicht genug: «Wir wollen nun in diesem Jahr einen kompletten Onlinestore aufbauen.» Das Konzept ist speziell: Geliefert werden soll nämlich nicht wie üblich aus einem Lager, sondern direkt aus den Filialen heraus. Mit 176 Läden verfügt die Modekette mit 900 Angestellten über ein dichtes Netz, das sich gut für den lokalen Versand eignet. «Der Umsatz bleibt damit auch in den einzelnen Läden.»

Es ist dann nicht ein eigenständiger Onlineshop, der die Filialen konkurrenziert, vielmehr soll das digitale Geschäft die stationären Läden bereichern. Retouren etwa werden vor Ort entgegengenommen, was zusätzliche Frequenzen generieren soll. «Wir sind zwar spät mit unserem Onlineauftritt», sagt Weber, «allerdings ist es heute viel einfacher und günstiger, einen solchen aufzubauen als noch vor einigen Jahren.» Auch könne man nun von begangenen Fehlern der Mitbewerber lernen.

Eine Frau steht vor einer Chicorée-Filiale und schaut sich ein Oberteil von der Stange an.

Chicorée verfügt über 176 Läden.

Quelle: PD

Dank der erfolgreichen monatlichen Rabattaktionen und der vielen App-Nutzer konnte er seinen Vater inzwischen von den Vorteilen des Digitalauftritts überzeugen. Im Discountbereich ist das Onlinegeschäft jedoch tatsächlich umstritten. Der unter anderem in Deutschland stark vertretene Textildiscounter Primark verzichtet weiterhin darauf. George Weston, CEO der Primark-Mutter Associated British Foods (ABF), sagte kürzlich in der «Financial Times», dass sich die Kette ausschliesslich auf die Läden fokussiere. «Bei unseren Preisen nimmt E-Commerce nicht nur etwas von den Margen, sondern alles.»

Weber glaubt aber, mit dem neuen Konzept den Onlinekanal durchaus profitabel betreiben zu können. Das Ziel wäre, mit E-Commerce mittelfristig rund zehn Prozent des Umsatzes zu generieren.

Im vergangenen Jahr wuchs Chicorée insgesamt um 20 Prozent und erzielte mit 184 Millionen Franken einen Rekordumsatz. Dieses Jahr soll die 200-Millionen-Marke geknackt werden. Gelingen soll das auch dank neuer Filialen: Weber sieht das Potenzial für rund zehn weitere Läden in der nahen Zukunft.