Es sah nicht gut aus für die Zuger Automatenbetreiberin Selecta. Erst verhinderte der Schuldenberg 2019 den geplanten Börsengang, dann brachen mit der Pandemie die Umsätze ein, und zahlreiche Kaderleute gingen von Bord. Mit dem Ziel eines tiefgreifenden Umbaus übernahm schliesslich 2020 ein Duo der US-Investmentfirma Kohlberg Kravis & Roberts (KKR); nach mehreren Besitzerwechsel gehört ihr Selecta seit 2015.
Der Amerikaner Joe Plumeri, eine 79-jährige Wall-Street-Legende und KKR-Advisor, besetzte als Executive Chairman den Posten des VR-Präsidenten und der wesentlich jüngere, aus Deutschland stammende Christian Schmitz den CEO-Posten. Das Team hat in den beiden Jahren offenbar einiges bewegt: «Das letzte Jahr war ein Wendepunkt», sagt Schmitz. «Wir konnten aufzeigen, dass die angestossene Transformation funktioniert.»
Der Umsatz stieg um 13,5 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Man ist also fast wieder auf Vor-Corona-Niveau (1,4 Milliarden). Der grosse Unterschied: Das in 16 europäischen Ländern aktive Unternehmen ist nun auf dem Weg zurück in die Gewinnzone. Während Selecta 2019 noch einen negativen Cashflow aufwies, wurde letztes Jahr ein operativer Free Cashflow von 86 Millionen Euro erzielt.
Verkaufsmaschinen sind alle verknüpft
Bekannt ist Selecta vor allem für ihre roten Verkaufsautomaten an Bahnhöfen. In dieser Geschäftssparte räumte Schmitz auf, besonders in Märkten wie Italien, Frankreich und Spanien. «Wir analysierten, in welchen Ländern wir Geld verdienen, und bauten unrentable Geschäfte ab.» Früher habe Selecta vor allem auf Umsatzwachstum gesetzt und sei deshalb auch schlechte Verträge eingegangen. Die Zahl der Mitarbeiter schrumpfte nun von 10'000 auf 6500, was die Kostenstruktur nach unten brachte.
Umgebaut haben Schmitz und Plumeri auch die Organisation: Früher sei Selecta in den diversen Ländern wie Einzelunternehmen organisiert gewesen, heute habe man ein einheitliches Kundenbeziehungs-Management. Darüber hinaus sind die Verkaufsmaschinen nun alle verknüpft, und ein Algorithmus rechnet aus, wann wo was nachgefüllt werden muss.
100 Selbstbedienungs-Foodmärkte
Das grösste Potenzial sieht Schmitz aber in einem anderen Geschäftszweig: In der Schweiz betreibt Selecta über 100 Selbstbedienungs-Foodmärkte, in Europa sind es über 1100. «Wir kooperieren in jedem Land mit dem aus unserer Sicht besten Retailer.» In der Schweiz spannt Selecta deshalb mit Coop zusammen. Die Detailhändler bringen die Waren, und Selecta sorgt für die Distribution in den Büros.
Die Foodmärkte stehen etwa in Unternehmen, Hotels und Spitälern, wo sich die Mitarbeiter rund um die Uhr mit frischen Lebensmitteln eindecken können – von Sushi über Salate bis zu Gerichten, die im eigens entwickelten Steamer erhitzt werden können. Zu den Kunden gehören etwa Lonza, UBS oder der Logistiker Galliker. Ausserhalb der Schweiz ist Selecta unter anderem bereits an 150 Standorten von Amazon-Logistikzentren oder 35 Lidl-Standorten in Deutschland vertreten.