Da wird Schindler, der global renommierte Erbauer von Liften und Fahrtreppen, nun 150 Jahre alt, aber eine Jubiläumsfeier gönnt Doppel-Boss Napoli den 70'000 Angestellten nicht. Die etwas ärmliche Begründung: Man sei bei der Profitabilität nicht auf Augenhöhe mit dem Branchenbesten Otis. «Lorbeeren» gebe es keine, solange man Otis nicht überholt habe. Mit Verlaub: War Schindler schon jemals auf dieser Höhe bei den Margen? Und warum die Mitarbeiter bestrafen – für die feiert man doch solche Jubiläen, damit sie stolz auf ihren Arbeitgeber sein können? Der Konzern betont ansonsten ständig, wie stolz man auf seine Leute sei und dass manche seit Jahrzehnten bei Schindler schrauben. Sind die verantwortlich für die miesen Margen? Nein, diesen Vorwurf würde auch Napoli nicht erheben. Seit er innert einer Woche zwei Interviews gab, wissen Herr und Frau Schweizer offiziell, was sie zuvor schon in BILANZ lesen konnten: dass eine vom Management erfundene Strategie, viele Individualisierungen für die Lifte anzubieten, ein teures Chaos in der Produktion auslöste. Aber wer führte noch mal das Management, war das nicht Napoli?

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Noch schräger: Er habe das Chaos erst im Herbst 2021 beim Besuch einer Fabrik erkennen können. Dabei sitzt er seit 2016 im «Verwaltungsratsausschuss». Dessen Mitglieder, alimentiert mit Millionensalären, hätten «eine exekutive Rolle», und dank dieser Schindler-speziellen Struktur habe man schnell eine «Notlandung» einleiten können. Damit meint er seine Kurskorrektur, seit er 2022 auch den CEO-Stuhl übernahm. Aber so richtig exekutiv kann dieser ominöse Ausschuss nicht sein, wenn sich die Wahrheit erst bei einem Fabrikbesuch offenbart. Hat Schindler etwa keine digitale Produktionsplanung und -überwachung? Dabei ist Digitalisierung das wichtigste Motto bei den Liftbauern. Anscheinend hat Napoli hier einiges aufzuholen. Bis es so weit ist, tippe ich im Lift wohl besser nicht mehr auf den Bedienfeldern herum.

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