Ein trüber Abend in der Vorsaison Anfang Dezember, man sitzt im «La Scarpetta» in der Fussgängerzone von St. Moritz und dreht sich die hausgemachten Nudeln auf die Gabel. Da tritt der deutsche Star-Architekt Christoph Ingenhoven ein, blickt sich um, beugt sich dann über den Tisch, an dem Gemeindepräsident Christian Jenny mit einer Beraterin und einem Bankpräsidenten speist – und Ingenhoven, dem das Abendland den Entwurf zum Bahnhofs-Monsterprojekt «Stuttgart 21» verdankt, raunt Jenny strahlend zu, er sei nun «auch ein Einwohner».
Ein solcher ist Rauschebart Adolf Haeberli schon seit 86 Jahren, und trotzdem stürzt er sich immer noch die Cresta-Eisbahn hinab. Sein Haus oberhalb der Polizeistation, nach einem Bergrutsch von Rissen gezeichnet, hat er mit Metallklammern gesichert, was ihm den Beinamen «Villa Hebdifescht» einbrachte, das Dorf-Original war Haeberli zuvor schon. Mit einem Dauerfeuer an Beschwerdebriefen treibt er die Gemeinde vor sich her – womöglich ist Jenny gerade deshalb mit ihm befreundet. Bei seinen allwöchentlichen Besuchen lässt er Haeberli stets den ausgelesenen «Spiegel» da.