Die Vergangenheit lässt ihn einfach nicht los. Erneut kommen Stephan Schmidheiny seine Industrieaktivitäten teuer zu stehen. Ein Geschworenengericht in Neapel hat den 74-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Grund dafür: der Tod eines ehemaligen Mitarbeiters in Schmidheinys Eternit-Fabrik, die zwischen 1966 und 1986 den krebserzeugenden Werkstoff Asbest verarbeitete. Nun wird dem Spross des Industrieclans fahrlässige Tötung unterstellt.
Das Urteil verstosse gegen das italienische Recht und gegen fundamentale Rechtsprinzipien, teilt Schmidheinys Sprecherin mit. Die Verteidigung kündigt deshalb Rekurs gegen dieses «Fehlurteil» an. Es handelt sich hierbei um lediglich einen Prozess in einer Reihe von Gerichtsverfahren in Italien gegen Schmidheiny. Bisher wurde er immer von höheren Gerichten freigesprochen.
Wie etwa im hochkarätigen Fall von 2014: Dort sprach der Oberste Gerichtshof Italiens Schmidheiny von jeglicher Verantwortung für den Tod von fast 3000 Menschen frei. Das Urteil löste einen Aufschrei von Gewerkschaften, Umweltorganisationen und Angehörigen der Opfer aus.
Laut Schmidheinys Verteidigung handle es sich bei allen weiteren und immer noch laufenden Asbest-Prozessen um eine Wiederauflage von bereits rechtskräftig beurteilten Sachverhalten – sie verstiessen somit gegen das Verbot der Mehrfachbestrafung.
Dass Schmidheiny heute grösstenteils als Asbest-Baron bekannt ist und seiner Vergangenheit einfach nicht zu entfliehen vermag, entbehrt nicht einer gewissen Tragik, wo er sich doch mit aller Kraft als Gutmensch zu positionieren versucht.
Sein philanthropisches Engagement baut Schmidheiny seit 30 Jahren stetig aus. Seine Stiftung Avina – das Präsidium dafür hat er seiner Frau Viktoria übergeben – ist heute schwergewichtig auf nachhaltige Projekte ausgerichtet. Die Stiftung ist etwa Geldgeber für das Food-Start-up Planted, das veganes «Fleisch» herstellt.