In den letzten Wochen gab es einmal mehr News aus Italien, wo die Justiz den Milliardär seit Jahren für den Krebstod von Arbeitern büssen lassen will. Der Staatsanwalt von Novara forderte gar «lebenslange Isolationshaft»: Er habe 392 Menschen wissentlich umbracht. Schmidheinys Rechtsanwälte rekurrieren jeweils und fordern vollumfängliche Freisprüche. Die Frage ist, ob das Strafrecht die richtige Antwort auf diese Problematik sein kann. Persönliche Schuld und eine moralische Verantwortung sind zwei verschiedene Dinge. Seiner generellen Verantwortung hat sich Schmidheiny aber nie wirklich gestellt, wohl auch aus Angst vor den finanziellen Folgen. Geschätzte 3,75 Milliarden Franken beträgt sein Vermögen. Die industriellen Tätigkeiten des Schmidheiny-Clans, deren Anfänge ins 19. Jahrhundert zurückgehen, sind die Basis seines persönlichen Reichtums. Auch die Firma Eternit, unter deren Dach die Asbestfälle geschehen sind, war Teil des Konglomerats. Sein Engagement für Umweltfragen, etwa am Gipfel von Rio 1992 oder bis heute mit seiner Avina Stiftung für nachhaltige Ernährung, zeigen, dass ihm Sensibilität nicht abgeht. Er nennt sich selber «Philanthrop», aber vor dem Hintergrund von Asbest wirken seine Wohltaten wie Ersatzhandlungen. So wichtig Klima etc. sind: Dafür sind andere gleich gut oder besser berufen. Sein ureigenes Thema ist der Tod von Arbeitern. Richtig wäre gewesen, wenn er sich von Anbeginn breit für faire Schadenersatzzahlungen eingesetzt hätte – auch wenn dafür möglicherweise ein Grossteil seines Vermögens draufgegangen wäre. Er habe «einen Hass auf die Italiener», liess er 2019 die «NZZ am Sonntag» wissen, dem er mit täglicher Meditation begegne. Gut möglich, dass viele italienische Arbeiter, die am Asbest-Krebs sterben, auch einen Hass auf ihn haben. Hätte er sich als «Philanthrop» glaubwürdig auf Asbest konzentriert, hätte dies vielleicht ja auch eine nachhaltigere Auswirkung auf sein Seelenheil gehabt als die Meditation.

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