Der feinen angelsächsischen Art folgt er nicht: Marco Gadola, langjähriger CEO beim Dentalkonzern Straumann und inzwischen Profi-Verwaltungsrat, gilt sowohl nach den Richtlinien von Giga-Investmentfonds Blackrock als auch Stimmrechtsberater ISS als «overboarded», heisst: zu viele Mandate.
Gadola ist aktuell Verwaltungsratspräsident beim Grosskonzern DKSH und beim Medizintechniker Medartis, Vizepräsident bei der Wäschefirma Calida, wo er nach gelungener Wiederauffrischung nächstes Jahr aussteigen wird, Vizepräsident beim Basler Messebetreiber MCH, den er bereits von früher als VR kennt und der nun ein «lokales Schwergewicht» («Basler Zeitung») auf Augenhöhe zum neuen Investor James Murdoch suchte, er ist Verwaltungsrat bei Straumann, bei der Kleiderkette Tally Weijl und bald auch beim Fussballclub Basel.
Bindung zu Basel
Ganz schön viel, und bereits seine drei Hauptmandate DKSH, Medartis und Straumann wären too many für die allgewaltigen Angelsachsen, die entlang ihren Statuten immer häufiger ihre Stimmkraft gegen Wiederwahlen einsetzen. Immer mit dem Argument, dass eine gewisse Anzahl von Ämtern bei börsenkotierten Firmen zu wenig Zeit für das einzelne Mandat lasse. Auch in der Schweiz ist Marco Gadola bereits kritisiert worden. Also, warum das alles?
Um Geld, sagen Nahestehende, gehe es Gadola nicht. Zumal man gerade bei seinen neuen Mandaten MCH und FC Basel auch kaum etwas verdienen könne. Gadola selbst sagt, «beide Institutionen sind wichtig für Basel, da fühle ich mich auch ein Stück weit emotional verpflichtet, wenn ich etwas beitragen kann», mit seinen Söhnen sei er «seit Jahrzehnten Saisonkartenbesitzer» und selber «schon als Fünfjähriger ins Joggeli gegangen», den neuen starken Mann David Degen sowie Mit-VR Johannes Barth, Privatbankier in Basel, kennt er beide persönlich.
Und auch bei Tally Weijl gehe es ja «um Hunderte Arbeitsplätze in Basel», Mitgründer Beat Grüring kennt Gadola ebenfalls «sehr gut und schon länger» und glaubt zudem «an das Potenzial der Marke Tally Weijl».
Den formellen Vorschriften von Blackrock, ISS und Co. möchte sich Gadola nicht unterwerfen. Er habe zwar «ein gewisses Verständnis» für die Guidelines, aber «die greifen nicht in jedem Fall». Einerseits sei «der Verwaltungsrat in Krisen und Restrukturierungen natürlich gefordert, auch zeitlich, sich voll einzusetzen».
Kein schwarz-weisses Thema
Alles andere wäre, sagt er, nicht seriös. Doch bei seinen drei Hauptmandaten sei die Lage nicht so, «die drei laufen alle gut». Zudem kenne er Straumann und Medartis, beide dominiert vom Grossaktionär Thomas Straumann, «sehr gut und sehr lange», da sei tiefes Verständnis des Geschäfts vorhanden.
Und bei DKSH hat er sich über Monate intensiv, mit viel Zeitaufwand, eingearbeitet; trotz Corona stiegen zuletzt Cash Flow und Aktienkurs kräftig an. Vertrauten gegenüber beziffert Gadola den Zeitaufwand für die drei Mandate im Normalbetrieb auf 50 bis 60 Prozent.
Das Thema Overboarding könne man «nicht schwarz-weiss sehen», sagt Gadola. Seine Rolle als Konzernpräsident sieht er in der obersten Verantwortung gegenüber den Aktionären, für Governance, Strategie und Motivation des Führungsteams, «aber die Aufgabe eines VRP ist nicht, den CEO täglich zu beüben».
Zeit für das Coaching-Geschäft, das er nebenbei aufgebaut hat, bleibt dennoch fast keine, das erledigen seine beiden Geschäftspartnerinnen.
Fun Fact: Drittgrösster Aktionär bei Straumann ist Blackrock. Die Wahlergebnisse mehrerer Verwaltungsräte bei der jüngsten GV waren entsprechend mager, Gadola lag sogar nur bei 70 Prozent. Ankeraktionär Thomas Straumann scheint aber trotzdem gut zu schlafen.