Das Ende kam abrupt, aber für das Führungsteam nicht wirklich überraschend. Dass es zwischen dem erst im Februar gestarteten Sulzer-CEO Frédéric Lalanne und der im Mai gewählten neuen Präsidentin Suzanne Thoma nicht wirklich harmonierte, zeichnete sich intern bereits wenige Wochen nach der Machtübernahme Thomas ab.
Lalannes Vorgänger Greg Poux-Guillaume war gegangen, weil er mit dem Antritt Thomas um seine bis dahin weitreichende Autonomie gefürchtet hatte. Diese Furcht hatte er offenbar auf seinen Landsmann Lalanne übertragen. Poux-Guillaume hatte ihn vor sechs Jahren von General Electric France als Chief Commercial Officer in die Zentrale des Industriekonzerns nach Winterthur geholt. Sie bildeten das engste Gespann der Konzernleitung. Offenen Krach zwischen Lalanne und der neuen Präsidentin gab es zwar nicht, doch der CEO pflegte einen Hang zur Abschottung. Auch zeigte er ein sehr französisches Führungsverständnis: Top-down in Reinkultur. Wenn sich etwa andere Konzernleitungsmitglieder ohne seine Zustimmung äusserten, forderte er schon mal eine schriftliche Entschuldigung.
Für die 60-jährige Thoma, die mit dem lukrativen Mandat eigentlich ihre VR-Karriere starten wollte, eine uncharmante Ausgangssituation. Dass sie sich durch den erfolgreichen Abgang beim Stromkonzern BKW in ihren operativen Fähigkeiten bestärkt sah, auch weil ihre langjährige Firma anders als die Axpo-Konkurrenz bislang nicht um Staatshilfe bat, steigerte ihre Interventionslust. Das operative Kribbeln war noch da, zumal sie sich als an der ETH promovierte Chemie-Ingenieurin in der Materie heimisch fühlt.
Es war dann auch sie, die den Entscheid für das Doppelmandat traf. «Der Impuls ging klar von ihr aus», bestätigt ein Unternehmenskenner. Der russische Grossaktionär Viktor Vekselberg, mit noch immer 49 Prozent auf dem Papier die beherrschende Kraft, segnete die Personalie nur ab: Alexey Moskov, Vekselbergs Statthalter im Kontrollgremium, gab schnell grünes Licht.
Die hohe Beteiligung des von den USA auf die Sanktionsliste gesetzten Russen ist an der Börse Sulzers Hauptproblem: Immer mehr Kunden meiden aus Compliance-Gründen die Geschäftsbeziehung. ZKB-Analyst Philipp Gamper schätzt den Börsenabschlag zur Vergleichsgruppe auf heftige 30 Prozent, intern beziffert man allein den Vekselberg-Malus auf mindestens 15 Prozent.
Der Russe sieht das Problem, will aber partout nicht verkaufen. Jetzt wird an einem Konstrukt mit einer doppelten Stiftung gearbeitet, um die Bedeutung Vekselbergs nach aussen abzuschwächen. Doch hier eine glaubwürdige Lösung zu finden, bleibt hochkomplex und bedeutet für Thoma und ihr Team vor allem hochtourige Juristenarbeit.
Mit ihrem Griff nach der ganzen Macht setzt sich Thoma allerdings auch unter permanenten Rechtfertigungsdruck. Auch wenn es in den USA noch weitverbreitet ist, bleibt das Doppelmandat in der Schweiz verpönt. Selbst der nicht sonderlich scharfe «Swiss Code of Best Practice» spricht sich explizit dagegen aus.
Mit Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler gab im Sommer auch der letzte Schweizer Grossunternehmer die Ämtertrennung bekannt. Nur OC Oerlikon, ebenfalls eine Vekselberg-Beteiligung, setzt neu unter Michael Süss wieder auf dieses Modell, was die Hemmschwelle bei Thoma gesenkt haben mag. Doch ewig die Fragen nach einem Nachfolger beantworten zu müssen, kann zermürben. Einziges Gegenmittel: ein steigender Sulzer-Kurs.