Solche Daten seien «sehr sensibel», heisst es bei der Swiss, deshalb könne man dazu leider «aus wettbewerbstaktischen Gründen» keine Angaben machen.
Zum Glück ist die Konzernmutter Lufthansa unter ihrem CEO Carsten Spohr nicht ganz so geheimnisvoll mit ihrem Anteil an Geschäftsreisenden: Der Lufthansa-Konzern zählt punkto Passagieraufkommen 28 Prozent Geschäftsreisende, die aber aufgrund oft später Buchung, höherer Buchungsklassen und damit Ticketpreise für 42 Prozent des Umsatzes stehen; der Anteil an der Rendite dürfte noch einiges höher sein.
Und die Swiss mit ihrem wirtschaftsstarken Heimmarkt dürfte sogar bei noch etwas höheren Anteilen liegen. Bleiben diese Fluggäste dauerhaft aus, wird also die Lage prekär.
42 Prozent der Ticketeinnahmen bei der Lufthansa kommen von Geschäftsreisenden, bei der Swiss mit ihrem wirtschaftsstarken Heimmarkt dürfte der Anteil noch etwas höher liegen – ein Klumpenrisiko, weil ein Teil dieser Einnahmen in Zukunft dauerhaft ausbleiben könnte.
Und genau danach sieht es aus. Ausgehend von Daten des Welttouristikforums WTTC und Erkenntnissen zu den Corona-Folgen in Bereichen wie Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit oder Konsum und zu erwartenden Verhaltensänderungen im Geschäftsreiseverkehr, hat die Analyseabteilung des New Yorker Asset Managers Bernstein errechnet: Selbst bei einem halbwegs optimistischen Erholungsszenario wird das Level von 2019 innerhalb der folgenden fünf Jahre nicht erreicht.
Demnach werde die Nachfrage nach Geschäftsreisen Ende 2024 erst bei 95 Prozent des 2019er Niveaus zu liegen kommen. Ohne die Corona-Störeinflüsse würde diese Nachfrage Ende 2024 auf 115 Prozent des Stands von 2019 gestiegen sein. Die Lufthansa-Gruppe und damit Swiss werde unter den europäischen Fluglinien, zusammen mit Air France / KLM.
Neben den externen Faktoren durch die Corona-Krise sollen demnach auch Verhaltensänderungen das Business-Travel-Geschäft beeinträchtigen.
Vor allem Messen und Konferenzen, firmeninterne Meetings und Schulungen dürften neuen Richtlinien punkto Gesundheitsschutz und Sparmassnahmen zum Opfer fallen. Für Management-Treffen oder Kundentermine wird die Streichgefahr deutlich niedriger taxiert.
Eine mittelmässig optimistische Prognose geht von einem Rückgang von 14 Prozent Geschäftsreisen aufgrund geänderter Prioritäten aus. Alles in allem rechnet Bernstein damit, dass noch 2024 bis zu jede fünfte eigentlich zu erwartende Geschäftsreise nicht angetreten werden wird.
Am heftigsten treffen werde der Rückgang in Europa die LufthansaGruppe, geschätzt wird ein Gewinnrückgang auf der Vorsteuer-Stufe Ebitda bis zu satten 40 Prozent. Die in guten Zeiten höchst erfolgreiche Swiss mit ihrem CEO Thomas Klühr könnte hier, wie gesagt, noch etwas gröbere Schläge abbekommen – grosse Konzerne wie ABB, Nestlé, Novartis oder die «Zürich»Versicherung denken über eine dauerhafte Beschneidung der Geschäftsreisen nach.
Sollten die vorderen Sitze tatsächlich dauerhaft leer bleiben, müsste die Swiss wohl über Kabinen-Umbauten nachdenken. Bisher sind bei klassischen Netzwerk-Fluglinien wie der Swiss typischerweise die Sitze der Business Class am profitabelsten – auf den Quadratmeter, also die wertvolle Kabinenfläche, gerechnet, ist es die Premium Economy.
Swiss hat aber erst kürzlich für teures Geld ihre LangstreckenAirbusse neu eingerichtet, jeder Flieger hat First und Business Class an Bord. Punkto Umbauten lässt die Swiss ausrichten, «aktuell» seien «keine derzeitigen Massnahmen in Planung». Aber «aktuell» kann übermorgen schon vorbei sein.
Die Schweizer Konzerne fahren ihre Geschäftsreisen zurück. Das wird so bleiben – in Zeiten von Videocalls rechnen sich Business-Trips viel seltener. Mehr dazu hier.