Auktionshäuser machen dieses Jahr dort weiter, wo sie 2021 aufgehört haben: mit Rekordumsätzen für prestigeträchtige Uhren. Das geht aus dem jüngsten Bericht der Schweizer Beratungsfirma Mercury Project hervor, in dem die Auktionsergebnisse der Häuser Antiquorum, Bonhams, Christie's, Sotheby's und Phillips ausgewiesen werden.

Demnach lässt sich bereits jetzt sagen: 2022 wird mit grosser Wahrscheinlichkeit ein neues Rekordjahr bei den Umsätzen aus Uhrenauktionen. So spülten die versteigerten Luxusuhren im ersten Halbjahr knapp 379 Millionen Franken in die Kassen der grossen Auktionshäuser. Das ist im Vergleich zu den ersten sechs Monaten im Vorjahr ein Anstieg von 47 Prozent.

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Gar um 133 Prozent übertroffen haben die Verkäufe den Wert aus dem ersten Halbjahr des Vorcoronajahres 2019. Mit diesem Wachstum wird der Markt für das Gesamtjahr 2022 voraussichtlich die Marke von 900 Millionen Franken überschreiten, heisst es im Bericht.

Angesichts dieser Rekordzahlen lohnt sich ein Blick auf die Entwicklungen im Auktionsmarkt für luxuriöse Zeitmesser. Diese fünf Erkenntnisse liefert der Bericht:

1. Durchschnittspreise sind stark gestiegen

Im aktuellen Marktrausch setzen die Uhrenverkäufe neue Massstäbe, wie viel Sammlerinnen und Investoren für eine Luxusuhr der begehrten Marken an einer Auktion ausgeben. Gut 55’000 Franken brachte eine versteigerte Uhr im ersten Halbjahr 2022 den Auktionshäusern im Durchschnitt ein. Zum Vergleich: In den gleichen Perioden 2021 und 2020 lagen die Werte mit 39’000 und 29’000 Franken deutlich tiefer. 

Einer der Hauptgründe: Qualität vor Quantität. Zwar auktionierten die grossen Häuser rund 20 Prozent weniger Uhren, setzten dafür aber auf ein selektiveres Angebot. Christie's präsentierte erfolgreich die Kairos-Kollektion, die aufsehenerregende Sammlung zeitgenössischer Patek-Philippe-Uhren, in Genf und anschliessend in Hongkong und New York.

In Hongkong versteigerte Sotheby's unter dem Titel «Nevadian Collector» eine historisch bedeutende Privatsammlung an Vintage-Uhren von Patek Philippe. Und Phillips führte die Jubiläumsauktion «The Royal Oak 50th» mit 88 Modellen der ikonischen Audemars-Piguet-Serie Royal Oak durch. 

Insgesamt 15 Uhrenauktionen erzielten in den ersten sechs Monaten einen Umsatz von über 10 Millionen Franken. Im gleichen Zeitraum 2021 waren es nur 9 solche Veranstaltungen. Alle 15 Versteigerungen fanden während der äusserst erfolgreichen «Frühlingssaison» statt, erzielten sie doch fast CHF 349 Millionen. Dieser Gesamtumsatz entspricht fast jenem des letzten Quartals im vergangenen Jahr. Das letzte Jahresviertel gilt generell als das umsatzstärkste. 2021 machte es mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes aus. 

2. So viele hohe Preise wie noch nie

Die Erlöse aus den Uhrenauktionen in der ersten Jahreshälfte zeigen mehr denn je den Hunger der Bietenden nach seltenen und hochwertigen Zeitmessern. Dies gilt vor allem für Uhren aus Privatsammlungen. Die grossen Auktionshäuser decken dieses Verlangen, indem sie ein grosses Angebot an Vintage- und zeitgenössischen Uhren aus privaten Sammlungen versteigerten. Das spiegelt sich in den Rekordzahlen für besonders hohe Auktionspreise wider. 

29 Uhren spielten über eine Million Franken Auktionserlös ein, im ersten Halbjahr 2021 waren es bloss 18 Modelle. Mit einer Steigerung von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr erzielten diese versteigerten Luxuszeitmesser insgesamt 55,8 Millionen Franken ein und machten 15 Prozent des Gesamtumsatzes aus. 

Die beeindruckende Zahl von 877 auktionierten Uhren kam in den ersten sechs Monaten zusammen, die alle für einen Preis zwischen 100’000 und einer Million Franken weggingen. Aufsummiert kommt ein Wert von 274 Millionen Franken zusammen, was mehr als eine Verdopplung gegenüber der gleichen Periode 2021 entspricht. Dieses Segment macht mit 57 Prozent den grössten Anteil am Gesamtumsatz aus. 

3. Genf liegt wieder hinter Hongkong

Genf gilt als Hauptstadt der Uhren und Mekka der Sammlerinnen und Sammler. Aber: Hongkong hat seine Poleposition als ertragreichster Standort für Uhrenauktionen aus der ersten Jahreshälfte 2021 erfolgreich verteidigt. Gesamtumsatz in den ersten sechs Monaten 2022: 138 Millionen Franken. 

Fast einen Viertel zu diesem Umsatz trug Phillips mit der Auktion «The Hong Kong Watch Auction: XIV» bei, die in Asien für einen neuen Rekord für die wertvollste Uhrenversteigerung aufstellte. Sotheby's, Christie's und Antiquorum brachten es summiert in der chinesichen Finanzmetropole auf fünf Auktionen, die je einen Erlös von über 10 Millionen Franken generierten.

Die Führungsposition von Hongkong ist dahingehend besonders bemerkenswert, weil der dort angesiedelte, renommierte Auktionator »Poly Auction» im ersten Semester keine Versteigerung von Luxusuhren durchgeführt hat. Dafür sind für die zweite Jahreshälfte diverse Auktionen geplant. 

Genf, bester Standort im Gesamtjahr 2021, folgt aktuell hinter Hongkong auf Platz 2 mit einem Gesamtumsatz von 128 Millionen Franken – als Ergebnis von elf durchgeführten Auktionen im ersten Halbjahr 2022.

Die Teilnahme an zwei Versteigerungen reichten für Phillips, um seinen Rolle als Markführer in der Schweizer Hauptstadt der hohen Uhrmacherkunst zu bestätigen. Die beiden Auktionen hatten es aber in sich: Die 55. Ausgabe der Genfer Uhrenauktion war für alle beteiligten Auktionshäuser ein Erfolg, übertraf sie den im Vorfeld geschätzen Umsatz doch bei weitem. Und die bereits erwähnte «The Royal Oak 50th» stellte zahlreiche neue Weltrekorde auf.

4. Phillips behauptet seinen Platz auf dem Thron

Gleich drei Auktionshäuser verzeichneten im ersten Halbjahr Rekordumsätze aus Uhrenauktionen: Phillips, Christie’s und Sotheby’s. Ihre jeweiligen Marktanteile bleiben jedoch unverändert. Weltmarktführer für Uhren bleibt das erstgenannte Auktionshaus, dank Erlösen von total 122,8 Millionen Franken. Der Marktanteil von Phillips liegt bei 33 Prozent, pro versteigertem Zeitmesser kamen durchschnittlich 160’000 Franken zusammen.  

Dabei führte Phillips bloss vier Auktionen durch, dafür aber sehr erfolgreiche. So spielte die XV. Genfer Uhrenauktion, an der sich auch Christies, Antiquorum und Sotheby's beteiligten, die zweithöchste Gesamtsumme ein, die je in der Schweizer Uhrenstadt eingespielt worden ist – gleich hinter der Vorgängerauktion im vergangenen Jahr.

Zum Abschluss der Frühjahrssaison war auch die Phillips-Versteigerung «New York Watch Auction: SIX» mit 28,7 Millionen Franken sehr ertragreich. Das führende Uhrenauktionshaus organisierte auch die Auktion «Royal Oak 50th», bei der 88 Modelle der Audemars-Piguet-Ikonen von 1972 durch, die Platz 5 der umsatzstärksten Auktionen im ersten Semester belegt. 

Christie’s liegt mit einem Umsatz von 103,7 Millionen und einem Marktanteil von 27 Prozent auf der zweiten Position. Das Londoner Auktionshaus punktete mit seiner Strategie, auf ein selektives und selteneres Angebot zu setzen. Der Durchschnittspreis pro versteigerter Uhr stieg von 33’300 Franken im Vorjahr auf nun über 83’000 Franken. 

Vor allem die erfolgreichen Auktionen rund um die «Kairos Kollektion», bei denen die Privatsammlung von 128 Modellen dieser zeitgenössischen Patek-Philippe-Uhren in Genf, Hongkong und New York unter den Hammer kamen, sorgten dafür, dass Christie’s den Platz vor Sotheby’s knapp verteidigen konnte. 

Denn Sotheby’s legte vergleichsweise im besonderen Masse zu. Die Umsätze von 100 Millionen Franken sind mehr als eine Verdopplung der Erlöse aus der Vorjahresperiode. Angetrieben von vier grossen Live-Veranstaltungen in Hongkong, Genf und New York stieg der Marktanteil von 22 auf 26 Prozent. Auch Sotheby’s setzte auf mehr exklusive Uhren: Der Durchschnittspreis pro Modell kletterte von 35'100 auf fast 54'000 Franken.

Einen entgegengesetzten Trend setzt dafür Antiquorum, das insgesamt sieben Auktionen in Genf, Hongkong, Monaco und Forte dei Marni in Italien durchführte. Der mittlere Auktionspreis sank um knapp 3000 Franken auf 21’600 Franken, das Auktionshaus scheint sich also auf das untere Preissegment zu fokussieren. Der Umsatz stagnierte bei CHF 38,8 Millionen Franken. 

5. Patek Philippe ist unangefochtener Leader 

Die beliebteste Luxusuhrenmarke auf Auktionen ist weiterhin Patek Philippe. Der Schwung der Marke ist definitiv noch nicht vorbei. Insgesamt haben Uhren von Patek Philippe bei Auktionen in diesem Jahr bisher 128 Millionen Franken eingespielt. Zur Erinnerung: Im gesamten Vorjahr erzielte die Marke einen Umsatz von 187,4 Millionen Franken. 

Die Vormachtstellung der Genfer Manufaktur manifestiert sich gleich doppelt. Einerseits dominiert Patek Philippe die Liste jener versteigerten Uhren mit den höchsten Geboten. Acht Zeitmesser der Top Ten stammen von diesem Hersteller. Das teuerste Exemplar ging für 7,3 Millionen Franken weg: ein Einzelstück, Referenznummer 2499, in Pink-Gold, das Zifferblatt signiert mit «Gobbi Milano».

Andererseits spielten gleich 378 Patek-Philippe-Modelle einen Preis über diesem Wert ein. Zum Vergleich: Audemars Piquet, vorgerückt von Position 4 auf 2, kommt auf 162 Uhren. Insgesamt haben Uhren von Patek Philippe bei Auktionen in diesem Jahr bisher 128 Millionen Franken eingespielt.  

Das Vorpreschen des Waadtländer Uhrenherstellers lässt sich mit dem 50-Jahr-Jubiläum der Royal-Oak-Serie begründen und der deswegen durchgeführten Auktion von Phillips. Überholt wurde dadurch Rolex. An Auktionen ersteigerten Bietende 140 Rolex-Uhren für einen Preis über 100’000 Franken, sechs davon gingen für über eine Millionen Franken weg. 

F. P. Journe fiel dagegen einen Rang auf Platz 4 zurück, mit 68 versteigerten Zeitmessern des für mehr als 100’000 Franken. Die Auktionserlöse in Genf, Hongkong und auch in New York waren mit jeweils rund 8,5 Millionen Franken ziemlich ähnlich, was die Attraktivität der Genfer Marke in allen Teilen der Welt zeigt.

Zum ersten Mal ist Greubel Forsey in den Top Ten der unabhängigen Uhrenherstellern vertreten. Die 3,3 Millionen Franken Auktionsumsatz reichen für Rang 8. 

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