Seit er 2020 das Amt des Kreativdirektors von Givenchy übernommen hat, mag der Amerikaner hauptsächlich mit dem französischen Traditionshaus in Verbindung gebracht werden. Doch es ist sein eigenes Label, das zum Ausdruck bringt, wer Matthew Williams ist und wofür er stehen möchte. 2015 gründete er 1017 ALYX 9SM, kurz Alyx – ein Name mit Bedeutung, aber nicht sein eigener. «Alyx ist der Name meiner Tochter. Er soll zum Ausdruck bringen, was ich mit dem Brand schaffen möchte: etwas sehr Persönliches, aber auch etwas, bei dem es um mehr geht als nur um mich selbst.» Kollaborationen sind seit Beginn Teil der Marken-DNA. Williams lancierte Kollektionen mit Nike, Dior, Moncler, aber auch branchenexternen Kreateuren wie dem Musikertrio Swedish House Mafia oder dem dänischen Unterhaltungselektronikhersteller Bang & Olufsen.
Es ist diese Idee des kreativen Kollektivs, das Williams mit Audemars Piguet verbindet. Denn genau wie Williams ist auch die Uhrenmanufaktur nie davor zurückgeschreckt, auf Talent von ausserhalb zurückzugreifen. «Als wir beispielsweise 1972 die Royal Oak präsentierten, war deren Designer Gérald Genta kein Mitarbeiter der Firma», erklärt CEO François-Henry Bennahmias am Roundtable in Tokio. «Unser Erfolg als Marke wurde schon immer durch Ideen von extern geprägt.»
Mit Matthew Williams lässt Audemars Piguet nun zum ersten Mal einen Modedesigner ans Werk. Dass die beiden sich fanden, war ein glückliches Zusammenspiel von Affinität und Zufall. «Die Royal Oak war schon immer meine Lieblingsuhr», sagt Williams. «Meine allererste Uhr war ein Geschenk meines Vaters zum Schulabschluss. Als ich anfing, Geld zu verdienen, tauschte ich sie gegen ein cooleres Modell ein, und so ging das über Jahre. Ich habe aufgerüstet und aufgerüstet – bis ich mir eines Tages eine Royal Oak leisten konnte.»
So angetan Williams von Gentas Design war, konnte er es doch nicht lassen, ihm einen eigenen, ganz persönlichen Touch verleihen zu wollen. «Als ich erfuhr, dass es möglich war, Uhren personalisieren zu lassen, kontaktierte ich das darauf spezialisierte Unternehmen MAD Paris und bat darum, mir für Freunde und Familie von Alyx eine Sonderedition der Royal Oak anzufertigen: Ich habe eine Schliesse für das Armband entworfen, die symbolisch für meine Marke ist, und die gesamte Uhr einschwärzen lassen. Und dann hatte ich plötzlich François am Telefon: Wenn ich Royal Oaks designen wolle, warum denn nicht direkt mit ihnen.»
Rund drei Jahre, diverse Entwürfe und Prototypen später präsentierte der 37-jährige Amerikaner Ende August seine persönliche Vision der Royal Oak – entwickelt und produziert mit den Uhrmachern aus Le Brassus. «Wenn man mit einer so ikonischen Silhouette arbeitet, besteht die grosse Herausforderung darin, sicherzustellen, dass das, was entsteht, gleichzeitig zeitlos und zeitgemäss ist. Die Änderungen, die ich vorgenommen habe, sind sehr subtil. Es ging mir mehr darum, mit Licht zu spielen und die Form der Royal Oak zu zelebrieren, als sie zu verändern.»
Die Kollektion von Matthew Williams für Audemars Piguet umfasst vier Modelle in limitierter Auflage: eine Royal Oak Automatic in Gelbgold, 37 Millimeter, einen Royal Oak Chronograph, 41 Millimeter, ebenfalls in Gelbgold, sowie zwei Royal Oak Offshores, 42 Millimeter, eine ganz in Gelb-, die andere ganz in Weissgold. Die Zifferblätter aller vier Zeitmesser sind von Williams komplett leer geräumt worden: Sämtliche Indexe sowie bei der Royal Oak Automatic und dem Royal Oak Chronograph die Datumsanzeigen hat der Amerikaner entfernt. Es ist das erste Mal in der Geschichte der Royal Oak und der Royal Oak Offshore, dass dasselbe Design für beide Kollektionen verwendet wird.
Ein fünftes Modell, ein zweifarbiger Royal Oak Chronograph aus Gelbgold und Edelstahl, von dem nur ein einziges Modell produziert worden ist, ist auf der Lancierungsparty in Tokio zugunsten der Stiftungen Kids in Motion und Right to Play versteigert worden – zwei Organisationen, die Williams selbst seit Jahren finanziell unterstützt.
Auf die Frage, was ihn zu genau diesen Designs inspiriert habe, antwortet Williams: «Ich kreiere, was mich begeistert. Inspiration finde ich in Kunst, Musik, Natur und in der Vergangenheit: bei grossen Designern wie Hubert de Givenchy, zu denen ich aufschaue und die ich liebe. Mein Designprozess ist sehr frei, ich bemühe mich nicht bewusst, Teil einer Szene oder Gemeinschaft zu sein, ich lasse die Dinge einfach geschehen. Ob man sich davon angesprochen fühlt, muss am Ende jede und jeder für sich selber entscheiden.»