Die Luxusuhrenmarke Hublot, die zum LVMH Konzern gehört, und die Nestlé-Tochter Nespresso haben für eine Luxusuhr kollaboriert und präsentieren eine limitierte Edition von 200 Big Bang Unicos: Kaffee – von der Tasse ans Handgelenk. Gehäuse, Lünette, Krone und Drücker des Zeitmessers bestehen teilweise aus Aluminium von recycelten Nespresso-Kapseln. Dem Kautschuk-Uhrenarmband ist Kaffeesatz beigemischt. Pro Uhr braucht es vier Kapseln, in toto wurden mit der Kollaboration also 800 Nespresso-Kapseln upgecycelt. Damit wird das Klima nicht gerettet – zur Inspiration taugt die Kollaboration aber alleweil. Wir haben die beiden CEOs, Ricardo Guadalupe von Hublot und Guillaume Le Cunff von Nespresso, am Tag der Lancierung zum exklusiven Interview getroffen.
Wie passen Nespresso und Hublot zusammen?
Guillaume Le Cunff: Ah, Sie sind überrascht. Das ist schon mal gut.
Ricardo Guadalupe: Die Frage habe ich mir ehrlich gesagt spontan auch gestellt. Wir kollaborieren ja immer wieder, mit Künstlern, mit Autoherstellern und so weiter. Und jetzt mit einer Schweizer Kaffeemarke? Mein zweiter Gedanke war: Why not, machen wir. Denn für uns wird es immer hochinteressant, wenn es um neue Materialien geht.
Wer hatte die Idee?
RG: Also wir waren es nicht.
GLC: Nein, das waren wir. Darauf gekommen sind wir im Nachgang unserer «Intensiv schweizerisch»-Kampagne von 2022, in der wir Nespresso mit anderen Schweizer Ikonen verlinkten, unter anderem mit Hublot. Dann fragte eines Tages jemand aus dem Team, warum machen wir mit Hublot statt 2-D nicht 3-D, statt einer gemeinsamen Kampagne ein gemeinsames Produkt?
Was wollen Sie damit erreichen?
GLC: Unser Ziel ist es, dass eines Tages alle gebrauchten Kapseln zurückkommen, um sie zu recyceln und neu zu verwenden.
Seit Januar 2020 lenkt Guillaume Le Cunff, seit 1998 bei Nestlé unter Vertrag, den Kaffeekapselhersteller Nespresso, wo er ab 2007 als Head of International Marketing und ab 2015 als Präsident von Nespresso USA wirkte. Zu seinen Steckenpferden gehören das Recycling der Alukapseln und die Weiterverwendung des Kaffeesatzes. Dafür baut er die Infrastruktur laufend aus mit Sammelstellen und -services und setzt auf Upcycling via Kollaborationen in kaffeefernen Branchen.
Das erreichen Sie nie.
GLC: Deshalb ist es ein gutes Ziel. Mit Kooperationen wie dieser mit Hublot oder auch der mit Victorinox und Caran d’Ache schaffen wir bei den Leuten Bewusstsein, dass die verbrauchten Materialien alles andere als Abfall sind. Wir pushen Kollaborationen auch deshalb, um zu zeigen, dass es um jede Kapsel schade ist, die nicht zurückgebracht wird, weil aus ihr etwas Werthaltiges entstehen kann …
RG: … sogar so etwas Luxuriöses wie eine Big Bang Unico. By the way gibt es bei den Brands wesentliche Gemeinsamkeiten: Nespresso macht alles in der Schweiz, wir machen alles in der Schweiz. Sie sind im Bereich Kaffee Pioniere, wir sind es im Bereich Materialien für den Uhrenbau. Ich war zwar spontan überrascht über die Idee, überzeugen musste man mich davon aber dann nicht.
Und als Nächstes macht Nespresso einen Hublot-Kaffee?
RG (lacht): Wer weiss, wohin diese Reise noch führt.
GLC: Ja, warum denn nicht? Wenn wir glauben, dass es für unsere Kundinnen und Kunden Sinn macht, können wir das sofort entscheiden.
Ricardo Guadalupe ist seit 2004 bei Hublot, seit 2012 deren CEO. Unter seiner Führung ist die Luxusuhrenmarke, gegründet 1980 in Nyon und seit 2008 in Besitz des französischen Luxuskonzerns LVMH, auf Wachstumskurs. Den Umsatz, den Morgan Stanley auf 744 Millionen Franken schätzt, hat Guadalupe mehr als verdoppelt. Seine Zugpferde sind Partnerschaften, wie die mit FIFA und UEFA oder mit Künstlern wie Takashi Murakami, sowie nie da gewesene Materialien für die Gehäuse.
Was sind Ihre Erwartungen an diese Kollaboration?
RG: Aufmerksamkeit. Hier finden zwei legendäre und einzigartige Schweizer Unternehmen, die mit vergleichbaren Werten in unterschiedlichen Welten unterwegs sind, zusammen und kreieren etwas aus einem Guss. Ich bin überzeugt, dass die Uhr ein Erfolg wird.
GLC: Ich erwarte Diskussionen, und das Ganze ist ja nicht nur eine schöne Story, sondern hat auch eine echte Message. Diese Zusammenarbeit zeigt, dass kreislauffähige Produkte ebenso elegant wie raffiniert sein können wie konventionelle Luxusprodukte, und sie beweist, dass ökologische Werte und ästhetische Anforderungen zusammenpassen können, ohne Kompromisse zu machen. Und: Die aktuelle Kollaboration zeigt, dass Recycling auch in der Uhrenindustrie möglich ist.
Das ist in dem Sinn nichts Neues, als recycelter Stahl, wiederaufbereitetes Gold gang und gäbe sind.
GLC: Für unser Aluminium und unseren Kaffeesatz jedenfalls ist das das ultimative Level an Upcycling. Aus Kaffeekapseln werden Luxusuhren. Grossartig.
Schöne Imagepolitur für Nespresso. Das Kaffeesystem gilt nicht als nachhaltig, sondern als ökologisch bedenklich.
GLC: Imagepolitur? Nein. Sie wären überrascht, wenn Sie mal den CO2-Fussabdruck einer Tasse Nespresso-Kaffee analysieren würden: Wenn ich Leute frage, was den grössten Fussabdruck hinterlässt, sagen alle, die Kapsel. Ist aber falsch. Die macht nur etwa 14 Prozent aus. Zwei Drittel des Fussabdrucks stammen von der Kaffeeproduktion und der Energie, die es braucht, um den Kaffee zu brühen.
Warum machen Sie nicht damit Ihre Kampagne statt mit Kugelschreibern und Luxusuhren?
GLC: Das werde ich oft gefragt. Meine Antwort: Erstens weil die Leute von uns erwarten, dass wir Ideen haben, überraschen. Zweitens weil ich, der generell unter Verdacht des Greenwashings steht, die Fakten für sich sprechen lassen muss.
Und Geduld haben …
GLC: Ach, wissen Sie, ein bisschen demütig zu sein, ist ganz in Ordnung. Und es ist auch Teil unserer Schweizer Kultur. In den USA sagen mir meine Kollegen oft: Don’t be so Swiss. Aber ich bin davon überzeugt, dass man in dem Bereich nur Vertrauen schafft, indem man nicht so viel redet, sondern viel unternimmt.
Zurück zur Kollaboration: Wer hat was beigetragen?
GLC: Wir haben das Ganze initiiert, letztlich auch in der Absicht, andere Branchen zu inspirieren. Von uns stammt das Material. Die technische Seite war bei Hublot.
RG: Für uns gab es effektiv einige Knacknüsse. Unser Team hat endlos daran gearbeitet, um die richtige Materialzusammensetzung zu finden. Zum Beispiel das Uhrenarmband aus Kautschuk und Kaffeesatz. Wussten Sie, dass man aus Kaffeesatz Stoff machen kann?
Nicht vor diesem Interview.
RG: Ich auch nicht, bis wir aufgefordert waren, das in das Projekt zu integrieren.
GLC: Und das ist für uns der Punkt. Für mich ist das ein Teil der DNA von Hublot, ein Produkt zu entwickeln, das bis dato noch nicht reif für die Regale war.
Was hat eigentlich Hublot von dieser Kollaboration, Herr Guadalupe?
RG: Sie spielen darauf an, dass Uhren per se schon nachhaltig sind …
… nein, darauf, dass Nespresso jeder kennt, Hublot nicht.
RG: Was diese Kollaboration bringt, werden wir sehen. Was ich bereits weiss, ist, dass es kein Problem sein wird, die 200 Exemplare zu verkaufen.
Wie können Sie so sicher sein?
RG: Jedes Mal, wenn wir eine limitierte Edition auflegen, ist diese sehr schnell ausverkauft. Wir haben das Glück, eine sehr grosse Fangemeinde zu haben. Und die wartet einerseits ständig auf Neuheiten und erwartet andererseits, dass etwas Neues auch wirklich neu ist. Viele unserer Fans haben zahlreiche Hublots, aber niemand kauft zweimal die gleiche Uhr.
Hublot, bekannt für «Art of Fusion», hat ein Jahr entwickelt und gepröbelt, um aus der Idee, Nespresso-Reste in einer Luxusuhr upzugraden, eine – quietschgrüne – Uhr zu machen. Im 42-mm-Aluminiumgehäuse, in Lünette, Krone und Drücker ist Aluminium aus recycelten Nespresso-Kapseln eingearbeitet und ins Kautschukband Kaffeesatz. Im Innern arbeitet das Hublot-Unico-Chronographenkaliber. Die Uhr wird in einer limitierten Edition von 200 Stück aufgelegt. Preis: 22'900 Fr.
Deshalb das laute Grün – die Farbe hatten Sie bislang nicht im Sortiment.
RG: Richtig, wir haben Rot, Violett, Gelb und wollten etwas Einzigartiges. So kamen wir auf Grün.
GLC: Abgesehen davon, dass du noch kein Grün in deinen Kollektionen hast, haben wir die Farbe auch ausgewählt wegen unserer Master-Origins-Peru-Organic-Kapseln. Damit wollen wir mitunter auch die grosse Sorgfalt würdigen, die die Kaffeebauern in ihre Arbeit stecken.
Worum hat man bei Hublot am längsten gerungen?
RG: Erstens eben um die Wahl der Farbe. Dieses leuchtende Grün – kann nicht jeder tragen, und es wird mit der Farbe auch keine Uhr sein, die jemand als Erst-Uhr auswählt. Und dann zweitens, die Farbe zu entwickeln – für Gehäuse, Band und Zifferblatt. Drittens den jeweils richtigen Materialmix zu finden. Die Qualität muss perfekt sein, um zu halten, was wir versprechen.
Wie stellen Sie das sicher?
RG: Wir simulieren in unserem Testlabor Lebenszyklen von fünf bis zehn Jahren und checken Uhrwerke, Gehäuse und Materialien durch und durch. Dabei berücksichtigen wir alles Mögliche, was einer Uhr im Lauf der Zeit widerfahren kann: Erschütterungen, Schläge, Chlor- und Meerwasser, UV-Strahlen, Temperaturschwankungen und, und, und.
Ihr Fazit zur Kollaboration? Wie hat sie funktioniert?
RG: Bei Partnerschaften ist vor allem die Alchemie zwischen den Menschen entscheidend. Und die hat total gestimmt, auch wenn unsere Teams sehr unterschiedlich zusammenarbeiten.
GLC: Als ich sie das erste Mal zusammenarbeiten sah, spürte ich deutlich, dass alle Beteiligten darin eine Chance sahen, etwas zu bewirken in einem Bereich, von dem sie selber überzeugt sind. Die Geschwindigkeit und das Timing der Entwicklung waren begeisternd.
Und zum Schluss: Was denken Sie über die Uhr?
RG: Sie ist ein Hingucker und entspricht in allem Hublot, innen wie aussen – eine richtige Big Bang.
GLC: Für mich ist die Uhr ein prächtiges Beispiel für das «Second Life»-Recyclingprojekt von Nespresso und genial, um zu zeigen, wozu Kreislaufwirtschaft fähig ist. Ich freue mich darauf, sie zu tragen, darauf angesprochen zu werden und die Story zu erzählen.