Kleine Vorbemerkung: Diese Uhr trägt ein Stück grosser europäischer Uhrengeschichte in sich. Die Geschichte der deutschen Uhrenmarke Junghans nämlich.

Diese Geschichte ist von Belang, und darum starten wir mit einem kurzen Rückblick: Gegründet wurde Junghans 1861 in Schramberg im Schwarzwald von Erhard Junghans zusammen mit seinem Schwager. Die beiden agierten höchst erfolgreich, 1903 produzierte man schon 9000 Uhren pro Tag – und war damit der grösste Uhrenbauer der Welt.

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Junghans war einst der grösste Uhrenhersteller der Welt

1956 begann eine fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Schweizer Architekten, Künstler und Maler Max Bill. Neben allerlei Armbanduhren, zum Teil noch heute im Katalog, gab es von ihm auch ein paar Spezialitäten, eine Max-Bill-Küchenuhr zum Beispiel, die es seit ein paar Jahren wieder zu kaufen gibt. Zu den Meilensteinen gehört auch die 1990 vorgestellte digitale Mega 1, die erste funkgesteuerte und damit ungemein genaue Armbanduhr der Welt.

Absoluter Klassiker: Eine Max Bill von Junghans.

Absoluter Klassiker: eine Max Bill von Junghans.

Quelle: ZVG

Im Vergleich dazu ist die neue Junghans, die Telemeter Edition JF, nüchtern betrachtet keine Sensation. Sie ist ganz einfach die gehobenere Weiterentwicklung eines bestehenden Uhrenmodells. Seit 1951 baut Junghans Uhren, welche das Telemeter mit einer Tachymeteranzeige kombinieren. Man sei sogar, so Junghans, die erste Marke gewesen, die das tat.

Mit dem Telemeter Distanzen messen

Richtig ist auf jeden Fall, dass man die Telemeter-Skala heute nicht mehr sehr oft sieht. Und auch, dass kaum jemand mehr weiss, wozu sie im Grunde genommen dient.

Die Antwort: Das Telemeter misst die Entfernung eines Ereignisses, das gleichzeitig Licht und Schall produziert. Die Entfernung eines Gewitters mit Blitz und Donner zum Beispiel. Denn Licht breitet sich mit rasantem Tempo aus, mit etwa 299’792 Kilometern pro Sekunde. Schall ist wesentlich langsamer: Seine Geschwindigkeit in trockener Luft von 20 Grad Celsius beträgt 343,2 Meter pro Sekunde.

Man kann aufgrund dieser Daten den Taschenrechner herausnehmen und die Distanz des Gewitters berechnen. Oder man behilft sich mit einer Faustregel: Teilt man die verstrichenen Sekunden zwischen Blitz und Donner durch drei, erhält man die ungefähre Entfernung des Gewitters in Kilometern. Einfacher und schneller geht es mit einem Chronographen, der über die Telemeterskala verfügt.

Man stoppt einfach die Zeit zwischen Blitz und Donner. Nach 30 Sekunden zum Beispiel stoppt der Sekundenzeiger dann bei der Markierung für 10 Kilometer.

Die Frage der Generäle: Wie weit entfernt ist der Gegner?

Nebenbei: Zum Durchbruch dieser Spezialität verhalfen natürlich nicht die Meteorologen, sondern die Generäle. Die Skala wurde ursprünglich zum schnellen Ermitteln der Distanz von gegnerischen Armee-Einheiten entwickelt. Man startete beim Aufleuchten des Mündungsfeuers einer Kanone den Chronographen, beim Hören des Kanonendonners stoppte man die Zeit – und konnte die Entfernung umgehend ablesen. Das ging schnell, und im Gefecht können Sekundenbruchteile entscheidend sein.

Beim Tachymeter, man trifft es viel häufiger an als das Telemeter, verhält es sich ähnlich. Die Skala auf dem Zifferblatt oder auf der Lünette erlaubt es, sich nach einer bekannten Streckenlänge, in der Regel nach einem Kilometer, die Geschwindigkeit anzeigen zu lassen: Man stoppt also die Zeit für die Fahrt eines Kilometers – auf der Autobahn gibt es zur Orientierung Kilometertafeln am Fahrbahnrand – und kann auf der Skala umgehend die Geschwindigkeit ablesen. Hält der Stoppzeiger der Telemeter Edition JF zum Beispiel bei 9 Uhr, betrug das Tempo 80 Kilometer pro Stunde, wie man auf dem äusseren grauen Skalenring einfach ablesen kann.

Wenn das Einzelstück für den Chef intern Fans findet ...

Die Farbe der neuen Uhr – es ist nicht Gold, sondern eine PVD-Beschichtung – verweist auf ein historisches Goldmodell der Marke, welche der aktuelle Patron Hannes Steim von der Familie eines verstorbenen Freundes gekauft hatte. Sie gefiel ihm so gut, dass er sich eine Neuinterpretation des sportlich-eleganten Modells wünschte. «Ursprünglich sollte nur ein Einzelstück für mich gefertigt werden, aber die neue Uhr fand im Haus so viele Fans, dass wir eine Kleinserie daraus gemacht haben», berichtet er. 150 Stück wird Junghans davon bauen.

Die Uhr im 40,8-Millimeter-Gehäuse ist vom Kaliber J880.3 motorisiert. Dieses hat als Basis das bewährte automatische ETA-2892-Kaliber, darauf ein Modul von Dubois Dépraz. Der Preis liegt bei 2695 Franken und damit für Junghans-Verhältnisse eher im oberen Bereich. Junghans-Uhren kosten nämlich in der Regel 500 bis 2700 Euro, limitierte Edelmetall-Editionen kratzen auch mal an der 20’000-Euro-Grenze.