Rekorde im Uhrenbereich sind eine fragile Sache – die flachste Uhr der Welt wird schnell einmal zur zweitflachsten degradiert und das Tourbillon, das an einer Auktion den bisher höchsten Preis erzielte, über kurz oder lang von einem noch teureren überholt. Doch dem Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen wird ein eben aufgestellter Rekord so schnell wohl niemand streitig machen: Es hängte dieser Tage die grösste Kuckucksuhr der Welt an seine Gebäudefassade.
Der Witz dabei: Es handelt sich um eine hybride Uhr. Auf dem rund sieben Meter hohen weissen Werk hat es nämlich statt Zeigern einen QR-Code. Den kann man mit einer herunterzuladenden Mobiltelefon-App ins Visier nehmen – worauf Kurliges geschieht: Es beginnt auf dem Bildschirm zu schneien, und virtuell in die real existierende Umgebung eingebettet erscheint ein Zifferblatt mit Zeigern. Vor allem aber meldet sich zur vollen und zur halben Stunde ein Kuckuck – immer ein anderer. Das Ganze ist ein Werk des Medienkünstlers Olsen (Oliver «Olsen» Wolf), der für den Auftritt des Kuckucks 120 YouTube-Filmli von Menschen aus über 30 Ländern einarbeitete. Da darf es durchaus mal ruckeln oder zuckeln, der Effekt an sich ist Garant für ein Lächeln.
Auf den Vogel, der als Brutschmarotzer seine Eier in fremde Nester legt, kam das Museum nicht von ungefähr – die Kuckucksuhr ist stark mit dem Schwarzwald verbunden, wo das Museum beheimatet ist. Schon im 18. Jahrhundert besserten Bauern in der Region ihr karges Einkommen mit Heimarbeit auf und sägten an Zahnrädern aus Holz für Uhren oder Automaten. Dass ab Mitte des 19. Jahrhunderts ein Kuckuck in der Uhr wohnen und die Zeit ausrufen durfte, verdankt er einem «simplen Umstand», wie der Journalist, Uhrenkenner und Buchautor Manfred Fritz im Magazin «Watch Around» notierte: «Die zwei schlichten Töne im Abstand einer absteigenden Terz, die er hervorbringt, lassen sich mittels zweier Pfeifen und kleiner Blasbälge, die vom Schlagwerk angehoben und fallen gelassen werden, leicht nachahmen. Das kam den Heimuhrmachern im Schwarzwald entgegen.» Mehr Mythos sei nicht, schlussfolgert Manfred Fritz, «zum Kuckuck!».
Zum Download der App führt ein Link, da ist auch die Uhr dargestellt, auf die Daheimgebliebene die Kamera ihres Telefons richten können, wenn sie die App gestartet haben. Ohnehin ist das Museum derzeit wegen Umbau geschlossen; der dürfte bis zum übernächsten Sommer dauern. Dann wird man die Exponate wieder bewundern können, darunter – logisch – viele interessante Kuckucksuhren.